358 Mittlere Geschichte. 3. Periode. Entdeckungen.
Zusammenkunft. Wie staunten diese über den wohleingerichteten
Hofstaat des Inka und über diese Pracht an Gold und Edelsteinen;
aber diese Reichthümer blendeten ihnen so die Augen und betäub¬
ten in ihnen so alles Gefühl für Recht, daß sie nur darauf dachten,
wie sie die Peruaner berauben könnten. Sogleich trat ein Domini¬
caner, den Pizarro dazu mitgenommen hatte, vor und hielt vor
dem Inka eine Rede, in welcher er ihm die Artikel des päpstlichen
Glaubens vortrug und damit endigte, daß der Papst dem Kaiser
Karl alle Länder der neuen Welt geschenkt habe. Von dein Allen
verstand der Inka fast kein Wort, antwortete übrigens sehr ver¬
nünftig und äußerte, er könne das Alles noch nicht recht begreifen.
Kein Wunder! aber der Pater wurde über diese Verstocktheit, wie
er es nannte, immer wüthender, schlug auf sein Gebetbuch mtd
schrie: „Hier steht's ja! Hier steht's geschrieben." — Erstaunt sah
der Inka das Buch an; denn er hatte keinen Begriff von der
Schreibekunst und glaubte endlich, das Buch sei ein lebendiges
Wesen, welches sprechen könne. Neugierig langte er danach und
hielt es sich ans Ohr. Da er aber natürlich nichts hörte, warf
er es gleichgültig auf die Erde und rief: „Ich höre nichts!" —
„Wie! du schändlicher Heide!" schrie der Pater, „du unterfängst
dich, Gottes Wort zu lästern? Habt ihr's wohl gesehen, ihr gläu¬
bigen Christen? Auf! Nehmt Rache an dem verruchten Heiden!"
—- Sogleich flogen alle Säbel aus den Scheiden. Die Spanier
stürzten wüthend auf die Hofbeamten ein und hieben viele von
ihnen nieder; Pizarro packte den erschrockenen Inka, der nicht nmßtc,
was er verbrochen habe, und schleppte ihn in seine steinerne Fe¬
stung, wo er ihn einkerkerte. Die Kanonen wurden abgefeuert und
der bloße Knall erschreckte die Peruaner so, daß sie alle auseinan¬
derstoben. Aber das war den Spaniern nicht genug. Die Retter
setzten sich zu Pferde, jagten ihnen nach und hieben alle nieder,
die sie nur erreichen konnten. Eine schöne Art, Heiden zu bekehren!
Viertausend dieser Unglücklichen wurden an diesem Tage von den
Spaniern zusammengehauen und eine unermeßliche Beute ins spa¬
nische Lager geschleppt.
Als Atahualpa sich von den Schrecken etwas erholt hatte, sah
er um sich und erblickte sich in der hülslosesten Lage von der Welt.
Feste Riegel und starke Mauern schlossen ihn ein; verlassen war
er von allen seinen Freunden und Landsleuten, nur die wilden
Gesichter der Spanier zeigten sich ihm dann und wann. Als er
sah, wie gierig diese nach dem Golde waren, erbot er sich, dem