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74 Mittlere Geschichte. 2. Periode. Deutschland. 
ängstlich nach seiner Mutter, und da alles Flehen, wieder zurück¬ 
zufahren, nichts half, so sprang er in der Angst seines Herzens 
über Bord, um zurückzuschwimmen. Aber der Strudel riß ihn 
fort, und er wäre ertrunken, wäre ihm nicht schnell ein Ritter, 
Eckbert von Braunschweig, nachgesprungen, der ihn herauszog und 
wieder aufs Schiff brachte. Hier suchte ihn Hanno zu beruhigen 
und brachte ihn glücklich nach Cöln, so sehr auch die jammernde 
Mutter am Ufer die Hände rang. Seit der Zeit hatte sie keine 
glückliche Stunde mehr. Ueberall fehlte ihr ihr geliebter Heinrich, 
der ihr nicht einmal Nachricht von sich geben konnte — in so 
strengem Gewahrsam wurde der Knabe anfangs gehalten. Wir 
haben noch einige Briefe übrig, welche damals ein würdiger Geist¬ 
licher an die unglückliche Agnes schrieb, in denen er ihr mit bie¬ 
derer Herzlichkeit Trost zuspricht und sie bittet, ihr Gemüth auf 
das hinzulenken, was über alles Irdische leicht tröstet. Sie beschloß, 
auf die Freuden dieses Lebens nun ganz zu verzichten und ihr 
Leben nur Gott zu weihen. Dazu reifte sie auch nach Rom und 
hier sah man sie, vom Kummer tief gebeugt, oft vor den Stufen 
des Altars in andächtigem Gebete zubringen. Späterhin mußte 
sie noch Zeuge der großen Noth ihres Sohnes und seiner tiefen 
Demüthigung vor dem Papste sein. Sie starb erst 17 Jahre nach 
der Trennung von ihrem Sohne. 
Heinrich führte anfänglich in Cöln ein trauriges Leben; Nie¬ 
mand wurde vor ihn gelassen. Nach und nach bekam er mehr 
Freiheit; Hanno ließ ihn endlich alles machen, was er wollte, 
und statt ihn sorgfältig zu unterrichten und in Geschäften zu üben, 
erlaubte er ihm, den ganzen Tag umherzulaufen, auf die Jagd zu 
gehen und Possen zu treiben. 
Außer Hanno war noch ein anderer ehrgeiziger Bischof in 
Deutschland, Adalbert von Bremen. Als Hanno's bitterer Feind 
mißgönnte er ihm die Vormundschaft über den jungen Kaiser. 
Hanno hatte den Grundsatz ausgestellt, daß derjenige Bischof, in 
dessen Sprengel der junge König sich aufhalte, die Aufsicht über 
ihn führen sollte. Diese Aufsicht hatte er bisher geführt; aber sie 
wurde ihm je länger je lästiger und darum näherte er sich seinem 
bisherigen Feinde Adalbert, den er zugleich sich dadurch zu ge¬ 
winnen hoffte, und trug ihm die Aufsicht über den königlichen 
Knaben an, wenn er ihm dagegen die fernere Verwaltung des 
Reichs überlassen wollte. Adalbert ging das gern ein, und so kam 
Heinrich an den Hof dieses ehrgeizigen Mannes.
	        
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