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Neue Geschichte. 2. Periode. Deutschland.
trifft, so ist sie nicht aufzuzählen, unter anberm ein Gürtel von
Diamanten, zwei mit Diamanten besetzte Uhren, fünf Köcher mit
Rubinen, Saphiren unb Perlen, bte schönsten Zobel von ber Welt
unb tansenb Kleinigkeiten." Am anbern Tage hielt Sobieski mit
bem Kaiser unb ben anbern Fürsten seinen Einzug in Wien. Das
Volk jubelte, aber sah nur aus ben tapfern König, nicht auf ben
schwachen Kaiser, ber in ber Stunbe ber Noth sein Volk im Stiche
gelassen hatte. Mit Inbrunst stimmte Sobieski in ber Augustiner¬
kirche bas „Herr Gott, bich loben wir" an, unb bankbar sang ihm
bas gerührte Volk nach, währenb alle Glocken jubelnb brein tönten.
Karct Mustapha würbe auf bes Sultans Befehl enthauptet; aber
leiber hatten bie Türken 6000 Männer, 11,000 Frauen, 14,000
Mäbchen unb 50,000 Knaben aus Oestreich in bie Sklaverei ge¬
schleppt, von benen nur 600 auf bem Schlachtfelbe gerettet würben.
— Seitbem fittb bie Türken nicht wieber nach Dentschlanb ge¬
kommen. Ueberhanpt hörten sie auf, für Europa ein Gegenstanb
bes Schreckens zu sein, seitbem Prinz Eugen ihnen einige schwere
Nieberlagen in Ungarn beigebracht hatte.
Der tapfere Sobieski starb 1696,*) unb sogleich begann
unter ben nie einigen Polen bas Ränkespiel Über bie Königswahl.
Zwei Bewerber, ein französischer Prinz (von Conti) unb Kurfürst
August von Sachsen, boten ben Polen Gelb über Gelb; enblich
siegte August, mit bem Beinamen: ber Starke. Er hat von
1697—1733 regiert. Um König von Polen zu werben, mußte er
sich zux römischen Kirche bekennen. Das that er auch ohne viel
Bebenken. Zur Beruhigung seiner Sachsen erklärte er, baß er nie
katholische Minister annehmen wolle. Beibe Länber hat er aufs
gewissenloseste regiert; unbekümmert um bas Wohl seiner Unter¬
thanen, sann er nur auf bie Befriebigung feines Ehrgeizes unb
seiner Prunksucht unb vergeubete bas ihnen abgepreßte Gelb burch
Jagben, Schwelgereien unb anbete Ergötzlichsten.
Währenb bes spanischen Erbfolgekriegs starb ber unfähige
*) König Sobiesky, 1674—1696, war ein ausgezeichneter-Kriegsmann,
aber als Regent ließ er es nicht selten an der Unparteilichkeit und Gerechtigkeit
fehlen, welche in dem Parteigewirr zur Behauptung des königlichen Ansehns
nothwendig war. Er machte sich Gegner durch auffallende Begünstigung seiner
Anhänger und war zu nachgiebig gegen die Habsucht und die Ränke seiner Ge¬
mahlin, der Tochter eines französischen Marquis, welche an den französischen
Umtrieben in Polen so leidenschaftlich sich betheiligte, daß sie sogar die Wahl
ihres Sohnes zum Nachfolger des Vaters verhindern half.