142 Neueste Geschichte. 2. Periode. Frankreich. 
Die Wirkung aber, welche man sich von dieser Expedition auf 
die Stimmung in Frankreich selbst versprochen hatte, war nicht ein¬ 
getreten. Vielmehr war die Erbitterung im innern im steigen be¬ 
griffen. Im März 1830 hatten sich die Kammern versammelt, und 
auf die Thronrede, »welche der König bei dieser Feierlichkeit nach 
constitutionellem Brauche gehalten hatte, antwortete' die Deputirten- 
kammer mit einer Ansprache (Adresse) an die Krone, worin unum¬ 
wunden ausgesprochen war, daß die Absichten der Regierung mit 
den Wünschen des Volks nicht mehr übereinstimmten, und daß die 
Minister das Vertrauen der Nation nicht besäßen. Diese Adresse, 
welcher von etwa 400 Depntirten 221 ihre Zustimmung ertheilt 
hatten, war in einem Tone gefaßt, welchen der König als ihn per¬ 
sönlich verletzend ansah, so daß er von heftigen Maßregeln gegen 
die Kammer schwer zurückzuhalten war. Da jedoch diese in ihrer 
Feindseligkeit weiter ging, so löste er sie auf, in der Hoffnung, daß 
die neuen Wahlen, welche nun vorgenommen werden mußten, ein 
für ihn günstigeres Resultat ergeben würden. Die Liberalen setzten 
jedoch alles daran, um durch die öffentlichen Blätter und durch 
politische Gesellschaften die Wahlen nach ihrem Sinn zu leiten, und 
vor allem der Regierung zum Trotz gerade jene 221 Mitglieder 
wieder in die Kammer zu bringen. Der König, welcher seinerseits 
die große Bedeutung dieser Wahlen nicht verkannte, richtete eine 
ernste Ansprache an die Nation, worin er sich an deren Treue und 
Anhänglichkeit wandte; aber der Eindruck derselben war nicht 
mächtig genug, um die Bestrebungen der Gegenpartei zu schwächen; 
die 221 wurden sämmtlich wiedergewählt und neben ihnen noch 
viele Oppositionsmänner. Niemand konnte sich verhehlen, daß es 
nun zu einer ernsten Entscheidung kommen mußte. 
129. Die Julirevolution, 1830. 
Als die Ergebnisse der Wahlen der Regierung die Ueber¬ 
zeugung gegeben hatten, daß die Berufung an die Nation frucht¬ 
los geblieben und der Uebermuth der liberalen Partei nur noch 
gestiegen war, so wurde in dem Ministerium in Berathung gezogen, 
durch welche Schritte das Ansehen des Thrones nun zu wahren 
sei. Man war entschlossen, die neugewählte Kammer, weil sie der 
Mehrzahl nach aus Männern bestand, welche den König beleidigt 
hatten, wieder aufzulösen; wenn aber neue Wahlen ein besseres 
Resultat geben sollten, so mußte vorher das Wahlgesetz selbst ge-
	        
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