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Schiller.
Und in eigner Fülle schwellend
Und aus Herzens Tiefen quellend,
Spottet er der Regeln Zwang.
Werke, I, S. 166.
383. Distichen.
1. Pflicht für jeden.
Immer strebe zum Ganzen, und kannst du selber kein Ganzes
Werden, als dienendes Glied schließ an ein Ganzes dich an!
2. Aufgabe.
Keiner sei gleich dem andern, doch gleich sei jeder dem Höchsten!
Wie das zu machen? Es sei jeder vollendet in sich.
3. Der Schlüssel.
Willst du dich selber erkennen, so sieh, wie die andern es treiben,
Willst du die andern verstehn, blick in dein eigenes Herz.
4. Freund und Feind.
Teuer ist mir der Freund, doch auch den Feind kann ich nützen;
Zeigt mir der Freund, was ich kann, lehrt mich der Feind, was ich soll.
5. Wahl.
Kannst du nicht allen gefallen durch deine Tat und dein Kunstwerk,
Mach es wenigen recht; vielen gefallen ist schlimm.
6. Der Meister.
Jeden andern Meister erkennt man an dem, was er ausspricht;
Was er weise verschweigt, zeigt mir den Meister des Stils.
7. Inneres und Äußeres.
„Gott nur siehet das Herz." — Drum eben, weil Gott nur das Herz sieht,
Sorge, daß w i r doch auch etwas Erträgliches sehn.
8. Ilias.
Immer zerreißet den Kranz des Homer und zahlet die Väter
Des vollendeten ewigen Werks!
Hat es doch eine'Mutter nur und die Züge der Mutter,
Deine unsterblichen Züge, Natur!
9. Genialität.
Wodurch gibt sich der Genius kund? Wodurch sich der Schöpfer
Kundgibt in der Natur, in dem unendlichen All.