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Hunderts in Böhmen einwandernd die germanischen Markomannen.
Nördlich von diesen, um die Elbe, wohnten die slavischen Polaben
(po-an, Labe oder Albe — Elbe, also Elbbewohner) oder Wenden,
wie sie von den Deutschen genannt wurden. Zwischen Havel, Spree
und Oder wohnten die Wilzen, die Tapfersten des Wendenvolkes.
Die Slaven gehören zum indogermanischen Sprach-
stamme; sie sind daher in Sprache, Sitte und Entwicklung den
Germanen verwandt. In mancher Hinsicht werden sie aber als
verschieden geschildert. Die Germanen werden uns beschrieben als
große, die Slaven als untersetzte Gestalten von mittlerer Größe;
die Germanen hatten helles, blondes Haar, blaue, große Augen,
die Slaven dunkles Haar und kleine, feurige Augen. Die Ger-
manen liebten die Absonderung, das Leben in der freien Natur
und bauten ihre Gehöfte, wo ihnen ein Hain, ein Feld, eine Quelle
gefiel; die Slaven liebten dagegen das Zusammenleben in
Dörfern oder Städten, sie wohnten, sagt der byzantinische Geschicht-
schreib er Procop, in Niedern Hütten eng aneinander. Bei den
Germanen hatte die Frau eine freiere und geehrtere Stellung
als bei den Slaven; bei diesen war sie nur die Dienerin des
Mannes und gehorchte ihm unbedingt; der Glaubensbote Boni¬
fatius, der auf dem Boden des Klosters Fulda flavifche Bauern
fand, rühmt die Treue der Frauen, die sich da mit der Leiche
ihrer Männer freiwillig verbrannten.
Die Slaven waren, als sie mit den Germanen zusammen-
trafen, schon auf einer höhern Stufe der Kultur, sie trieben Vieh¬
zucht, Ackerbau, dem sie besonders ergeben waren, selbst Obstzucht
und Gartenbau; auch die Töpfer- und Webekunst verstanden sie; sie
verfertigten selbst die langen Kleider, die sie trugen. Besonders
bedeutend war die Bienenzucht. Aus dem Honig bereiteten sie ein sehr
beliebtes Getränk, den Met. Im zwölften Jahrhundert hatten Bau-
fünft, Malerei und Bildhauerkunst bei den slavischen Pommern einen
hohen Grad von Vollkommenheit erreicht. In Herbords
(12. Jahrh.) Leben des Bischofs Otto von Bamberg (1102—1139),
der die heidnischen Pommern zum Christentum bekehrte, wird ein
heidnischer Tempel zu Stettin in folgender Weise beschrieben:
„Er war wunderbar schmuck- und kunstreich gebaut, hatte in-