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IV. Die Völkerwanderung.
Nicht so leichte Arbeit harrte des Feldherrn bei den Ostgoten. Dort
hatte Theoderichs Tochter Amalaswintha die Herrschaft übernommen.
Sie war gegen die Römer sehr entgegenkommend und schätzte ihre
Bildung so hoch, daß sie ihren Sohn auf römische Art erziehen
lassen wollte. Darüber aber ergrimmten die Goten: ihr König brauche nicht
so verweichlichende Sachen wie Lesen und Schreiben zu lernen; das
schade der kriegerischen Tüchtigkeit. Schließlich wurde die Königin
von den Erzürnten ums Leben gebracht. Da sie mit KaiserJustinian
in Freundschaft gelebt hatte, nahm der ihre Ermordung zum Vorwande,
Belisar gegen das Kriegervolk zu senden.
Wohl waren die Goten noch vortreffliche Soldaten; aber der feindliche
Feldherr fand bei ihren römischen Untertanen Unterstützung.
Lange wogte der Krieg hin und her. Bis nach Mailand war
Belisar einmal siegreich vorgedrungen; trotzdem mußte er wieder zurück.
Nicht weniger als fünfmal wurde während dieses Streites Rom
erobert. Allmählich jedoch neigte sich das Glück mehr und mehr auf
die Seite der Oströmer. Der Gotenkönig Tötilas, ein ebenso
kräftiger und unerschrockener wie gewandter Krieger, fiel in einer großen
Schlacht nach heldenmütigem Kampfe. Da hob das Volk den Teja auf
den Schild. Am Vesuv kam es dann im Jahre 555 zur letzten
Schlacht. Als beim Wechseln des Schildes ihr König tödlich ge-
troffen fiel, da gaben die Goten den Widerstand auf. Sie
baten den Feldherrn der Byzantiner, Närses, er möge ihnen freien
Abzug gewähren und dabei erlauben, ihre Schätze mitzunehmen, damit
sie in fremde Gegenden nicht als Bettler kämen. Närses gestattete es
ihnen, und so zogen sie nach Norden ab. Niemand weiß, wo sie ge¬
blieben sind.
Das Einrücken der Langobarden in Italien. 568. Nicht
lan lten sich die Byzantiner der Herrschaft über ganz Italien er¬
freuen. Schon dreizehn Jahre nach der Zerstörung des Ostgotenreiches
rückten die kriegerischen Langobarden unter ihrem Könige Alboin
in Norditalien ein und nahmen diePo - Ebene in Besitz. Dort ließen
sie sich in dichten Scharen nieder und machten die Bewohner zu
Hörigen. Ihr Reich ist allerdings längst nicht zu so großer Macht
gekommen wie das Ostgotenreich Theoderichs. Es beschränkte sich auf
den Norden, namentlich auf die nach ihnen benannte Lombardei,
und nur ein paar vorgeschobene Fürstentümer in Mittel- und Süd-
italien zeugen von dem Bestreben, sich der ganzen Halbinsel zn be¬
mächtige