Full text: Von der Reformation bis zum Tode Friedrichs des Großen (H. 3)

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III. Friedrichs erste Friedenszeit. 
die Hebung des Wohlstandes und der Bildung seiner Untertanen ein- 
zusetzen, das erschien ihm als die wichtigste und verlockendste Aufgabe 
eines jeden Fürsten. 
Die Angliedernng Schlesiens an die übrigen Lande bedeutete 
ein schweres Stück Arbeit für Friedrich. Diese Provinz mit ihren reichen 
Hilfsquellen war unter österreichischer Herrschaft wenig gediehen. Noch 
konnte man die Spuren des Dreißigjährigen Krieges an Schutthaufen 
in den Städten und an unaugebauteu Feldfluren erkennen. Sie ver¬ 
schwanden binnen kurzer Zeit wie durch Zauberwort. Die Steuern 
waren bisher ungerecht verteilt gewesen und gewöhnlich nicht von den 
Begüterten getragen worden, sondern von den Armeren. Das wurde 
jetzt ganz anders. Bald vermochten die Bewohner die doppelte Steuer- 
summe aufzubringen, und doch brauchte niemand über schwere Lasten zu 
klagen. Den größten Eindruck aber machte auf die Schlesier das Walten 
der preußischen Beamten. Die österreichischen waren bequem, lässig 
und bestechlich gewesen; die preußischen zeigten sich unermüdlich, pünktlich 
und unbestechlich; daß ein Steuereinnehmer die vielen Tausende, die durch 
seine Hände gingen, bis aus den letzten Heller ablieferte, konnten die 
meisten Leute zunächst gar nicht begreifen. Und dann der Umschwung 
in religiösen Dingen! Seit den Zeiten des Dreißigjährigen Krieges 
hatte kein Evangelischer in den österreichischen Erblanden ein öffentliches 
Amt inne. Wenn gar jemand vom katholischen zum evangelischen 
Glauben übertrat, so wurde er mit dem Verlust seiner Güter und mit 
Landesverweisung bestraft. Mit Friedrichs Beamten zog der Geist der 
Duldsamkeit ein: fortan konnte auch in Schlesien jeder ungestört 
seines Glaubens leben, und die Vorrechte der Katholiken wurden 
abgeschafft. 
2. Friedrichs Fürsorge für die alten Provinzen. Wohl war Schlesien 
die Lieblingsprovinz des Königs, weil sie am meisten seiner Fürsorge 
bedurfte; aber er vernachlässigte ihretwegen doch nicht die ererbten 
Gebiete. Auch ihre Einwohner spürten fortwährend seine helfende Hand. 
Noch gab es weite Strecken Landes, die der Bebauung erschlossen 
werden konnten. Für tätige Leute aus andern deutschen Gauen wußte 
der Herrscher immer Platz zu schaffen. Da lagen die feuchten Niede¬ 
rungen, die den Oderfluß von Küstrin bis Stettin umsäumten. Sie 
wurden durch Kanäle ausgetrocknet und in fruchtbares Land verwandelt. 
Bald erhoben sich da, wo früher Wasser und Sumpf den Menschen 
jeden Aufenthalt unmöglich gemacht hatten, schmucke Dörfer, und 
Friedrich durfte sich rühmen, hier im Frieden eine Provinz er¬ 
obert zu haben.
	        
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