Full text: Von der Reformation bis zum Tode Friedrichs des Großen (H. 3)

Die Wiedertäufer. 
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Götz von Berlichingen, der gezwungen wurde, mit ihnen gemeinsame 
Sache zu machen. Im Odenwalds, in Franken, in Thüringen wütete 
der Aufstand, während die Fürsten noch uneinig und unentschlossen 
waren. Aber mit den Greueltaten der Bauern wuchs auch die 
Entrüstung der andern Stände. Luther, der sah, daß seine Mahnungen 
vergeblich gewesen waren, verdammte das Treiben der „räuberischen 
und mörderischen Rotten" und forderte die Fürsten auf, die Auf- 
ständischen rücksichtslos zu bestrafen. Solche Worte hatten die Bauern 
aus seinem Munde am wenigsten erwartet: in ihrem Zorne schalten 
sie Luther einen Feind und Verräter. Bei den Landesherrn dagegen 
erreichte er, daß sie nun endlich tatkräftig vorgingen. Ihre krieg ge¬ 
übten Heere erwiesen sich natürlich stärker als die ungeordneten bäne- 
rischen Haufen. Thomas Münzer, der den Seinigen sicheren Erfolg 
prophezeit hatte, unterlag 1525 bei Frankenhausen in Thüringen; 
die süddeutschen Bauernscharen fanden im Elsaß und am Main bald 
darauf das gleiche Schicksal. 
Nach solchen Niederlagen bekamen die Besiegten die Rache der 
Sieger bitter zu fühlen. Die Abgaben wurden noch höher, die Fron- 
dienste noch schwerer, an Freiheit war noch weniger zu denken als 
zuvor; die Bauern hatten also durch den Krieg ihre Lage nur 
verschlimmert. - 
3. Die Wiedertäufer. Die Zeitgenossen erlebten noch eine andre 
Bewegung, bei der leidenschaftliche Führer die Lehren Luthers entstellt 
und mißverstanden predigten und eine große Volksmenge mit sich fort¬ 
zureißen wußten. 
In den Niederlanden gab es eine Sekte, deren Mitglieder sich 
Wied ertäufer nannten, weil sie die Kindertaufe verwarfen und deshalb 
nochmals eine Taufe an den Erwachsenen vornahmen. Von der alten 
Kirche wurden sie bald verfolgt und vertrieben, und nun verbreitete 
sich ihre Lehre weithin in den Nachbarländern. 
Ihr Hauptgebiet wurde Niederdeutschland; namentlich zu 
Münster in Westfalen fand sie zahlreiche Anhänger. Diese verjagten 
hier schließlich alle Andersgläubigen und gründeten ein „Gottesreich 
auf Erden". Geld und Besitz sollten hinfort nicht dem einzelnen, 
sondern allen zusammen gehören; zwölf Alteste foECteu den Staat leiten 
und Anordnungen treffen, denen kein Widerspruch entgegengesetzt werden 
durfte. Bald aber begann in diesem neuen Reiche ein tolles Treiben. 
Ein ehemaliger Schneider, Johann von Leiden, machte sich zum 
König, umgab sich mit fürstlicher Pracht und führte eine blutige 
Schreckensherrschaft. Endlich umschlossen Soldaten des vertriebenen
	        
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