Geschichte der Germanen bis zur Völkerwanderung.
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vorzubereiten. Er hatte selbst im römischen Heere gedient und
gelernt, daß man gegen die römische Übermacht und schlaue Staats-
fünft nur mit Hinterlist zum Ziel kommen könne. So verabredete
er sich mit gleichdenkenden Männern bei feinen Landsleuten und
den benachbarten Stämmen, die Römer in einen Hinterhalt zu
locken und zu vernichten. Außerdem wußte er das Vertrauen des
römischen Statthalters Quinctilius Varus zu gewinnen, so daß er
beständig über die Absichten des Feindes unterrichtet war.
Vergebens warnte ein Verräter im eigenen Lager der Ger-
manen, der Cheruskerfürst Segestes, den forglofen römischen Feld¬
herrn vor den Anschlägen Armins. Varus ließ sich im Jahr 9
nach Chr., als er von seinem Hauptquartier an der mittleren
Weser in das Standlager bei der Lippemündung zurückkehren
wollte, durch trügerische Nachrichten in unwegsame Gegenden
locken. Hier sah er sich plötzlich in Schluchten und Wäldern vom
Feind umzingelt. An seiner Rettung verzweifelnd gab er sich selbst
den Tod. Sein Heer, das drei Legionen und viele Hülfstruppen
zählte, wurde fo gut wie vernichtet. Dies war die Schlacht im
Teutoburger Walde. Damit war die Herrschaft Roms ans dem
rechten Rhemufer zu Ende.
In den ersten Jahren der Regierung des Kaifers Tiberius
(14 bis 17) führte Germanicus, der Sohn des Drufus, den
Oberbefehl über die römischen Heere am Rhein. Er suchte in
wiederholten Kriegszügen die Verluste wieder einzubringen,
die Rom durch die Niederlage des Varus erlitten hatte. Auf
einem derselben bekam er Thusnelda, die Gemahlin Armins und
Tochter des römisch gesinnten Segestes, in seine Gewalt und
schleppte sie in die Gefangenschaft. Auf einem anderen Zuge be-
fachte er das Schlachtfeld im Teutoburger Wald und errichtete
den dort gefallenen Landsleuten ein Grabmal. Jedoch entscheidende
Siege vermochte er nicht über Armin davonzutragen. Darum
berief ihn Tiberius vom Rheine ab und verzichtete damit endgültig
auf Eroberungen in Germanien.