Full text: Lehrbuch der Weltgeschichte für höhere Töchterschulen

96 Mittlere Geschichte. I. Abschnitt. Von 476—814 n. Chr. 
Während die ersten Kalifen den Wissenschaften und Künsten 
ungünstig gewesen waren, hoben sich dieselben unter den Abbassiden. 
Vorzüglich beschäftigten sich die Araber mit der Philosophie, der 
Sternkunde, der Arzneikunde und der Naturwissenschaft so wie mit 
der Baukunst (eigentümlicher maurischer Baustil-, Arabesken; 
Inschriften. — Moschee zu Cordova; die Wahra am Gnadalquivir; 
Alhambra), Dichtkunst und Musik. Die Werke berühmter Griechen 
wurden in's Arabische übersetzt, durch Anlegung von Schulen und 
Bibliotheken für he Verbreitung der Wissenschaften gesorgt (auch 
in Spanien, wo besonders die hohe Schule zu Cordova berühmt 
wurde, und wo sich 17 Schulen und 70 Bibliotheken befanden, die 
zu Cordova von 60,000 Bänden), und die Bildung der Araber hat 
später selbst auf das christliche Abendland großen Einfluß geübt. 
Das weibliche ©efdjlecht befand sich bei den Mu- 
hamedanern, wie noch jetzt, in einer durchaus untergeordneten 
Stellung. Es herrscht bei ihnen Vielweiberei, und die Frauen 
führen ein eingeschlossenes Leben in Harems. — Nur in Spanien 
entwickelte sich bei den Muhamedanern eine ungemeine Zartheit 
und Gefälligkeit im Umgang mit dem weiblichen Geschlechte. — 
Schon Abderrhaman I. begünstigte Ehen mit Christinnen, wobei 
die Fortdauer christlicher Hausfrauenrechte nicht ausbleiben konnte. 
— Freiere Bewegung der Jungfrauen bei der Theilnahme an Ver- 
mählungsfeierlichreiten der Großen, als im Orients - 
Drittes Kapitel. 
Das fränkische Reich. 
§• 77. 
2>ic Merowinger. Pipin. - Nach Chlodwigs Tode 
(511) wurde durch wiederholte Theilungen des Reiches, das 
sich schon vom atlantischen Ocean und den Pyrenäen bis zur 
Unstrut erstreckte, eine Reihe der abscheulichsten Bruderkriege 
und der schändlichsten Gräuelthaten in demselben herbeigeführt 
(Chilperichs Gemahlin Fredegunde und Sigeberts Gemah- 
lin Brunehild), und immer tiefer sank die Macht der merowin- 
gischen Könige. Desto größer wurde das Ansehen der adligen 
Gefolgschaften (Leudes) uud ihres Anführers, des Major- 
domus oder Hausmaiers, dessen Einfluß noch höher stieg seit 
Pipin von Herstall (f i. I. 714), der diese Würde in seiner 
Familie erblich machte. Sein Sohn Karl Martell (f i. I. 
741) bezwang die Mauren (§. 76) und Friesen, und i. I. 
setzte dessen Sohn Pipin der Kleine endlich den letzten 
Merowinger Childerich III. mit Zustimmung des 
Papstes Zacharias ab und machte sich zum König. 
Er leistete deshalb auch dem Papste Stephan II. Hülse gegen
	        
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