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Leben in den Städten. Durch den großen Gewerbe-
fleiß und den lebhaften Handel wuchs der Wohlstand der Bürger
allmählich außerordentlich, und in gleichem Matze nahm ihre
Liebe zu Prunk und Schwelgerei, namentlich bei Festen, zu
Schon im 13. Jahrhundert mußten deshalb Gesetze erlassen
werden, um diese Üppigkeit einzuschränken; so wurde z. B.
(um 1290) in Breslau bestimmt, daß bei einer Hochzeit den
Gästen nicht mehr als 30 Schüsseln vorgesetzt werden dürften.
Kunst und Wissensch ast. Unter den Künsten blühte
namentlich die Baukunst. Herrliche Kirchen im romanischen oder
Rundbogen=, und gotischen oder Spitzbogenstil wurden erbaut,
die heute noch Zeugnis von der Kunst der Baumeister jener
Zeit ablegen; die Dome in Bamberg, Köln und Regensburg
sind einige derselben. Damit hing die hohe Entwicklung der
Goldschmiedekunst zusammen. Die Goldschmiede schufen köstliche
Schreine für die Reliquien der Heiligen. Kelche mit heiligen
Bildern, Kreuze mit der Gestalt des Erlösers. In ihren Häusern
pflegten die Bürger gerne die Kunst des Gesanges und des
Saitenspiels, wodurch sie sich das Leben erheiterten. Auch die
Wissenschaften wurden in den Städten gepflegt. Die Kunst zu
lesen und zu schreiben, sowie das Verständnis der lateinischen
Sprache erwarben die Bürgersöhne in den Dom- und Stadt-
schulen, die allenthalben gegründet wurden.
Kriegswesen. Das Kriegswesen lag den Bürgern ob.
Jeder Zunftmeister mutzte im Notfalle die Stadt gegen' andrin-
gende Heinde verteidigen helfen. Die beste Waffe der Bürger
war die Armbrust, die sie mit großem Geschick handhabten.
Zur Friedenszeit übten sie die Kunst des Schietzens und gründe-
ten zu dem Zwecke besondere Schützengilden, von denen einzelne
sich bis zur Gegenwart erhalten haben.
14. Rudolf von Habsburg. 1273—1391.
Fast 20 Jahre bereits hatte die „kaiserlose, die schreckliche
Zeit" gedauert. Da beschlossen die Fürsten, wieder einen Herrscher
zu wählen, der imstande sei, Ruhe und Ordnung im Reiche
herzustellen, und sie versammelten sich zur Wahl. Der Erzbischof
Werner von Mainz machte den Vorschlag, den Grafen Rudolf
von Habsburg zu wählen. Dieser hatte zwar nur ein kleines
Erbteil in der Schweiz und im Elsaß; aber er war ein tapferer
und redlicher Ritter, der sich allgemeiner Achtung erfreute.
Schon fein Außeres erweckte Zutrauen. Er war sehr groß und
hatte ein blasses, ernstes Gesicht mit einer großen Adlernase;
aber wenn er redete, so lag Freundlichkeit und Redlichkeit in
seinen Mienen. Von seiner Frömmigkeit wird uns folgendes
Beispiel erzählt. Als er einst im Walde jagte, begegnete er