Full text: Lehrbuch der Weltgeschichte für höhere Töchterschulen

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X. Abschnitt. König Wilhelm I. 
konnte, war nur ein Krieg und dazu bedurfte es eines zahl- 
reichen, stets schlagfertigen Heeres. Die Mobilmachungen unter 
Friedrich Wilhelm IV. hatten bewiesen, daß die Einrichtungen 
des Heerwesens den Anforderungen der Zeit nicht mehr ent- 
sprachen. Der König ließ es deshalb sein erstes Werk sein, 
das Heer durch eine neue Heerverfassung (Armeereorganisation) 
zu verstärken und zu verbessern. Die Dienstzeit in der Reserve 
wurde vermehrt, in der Landwehr vermindert und die Landwehr 
ersten Aufgebots mit der Linie zu einem Kriegsheere vereinigt, 
neue Regimenter gebildet und die besten Borkehrungen für eine 
schnelle Mobilmachung getroffen. Aber diese Heeresverfafsnng 
fand den heftigsten Widerspruch beim preußischen Landtage, der 
sich weigerte, die nöthigen Geldmittel für die neuen Einrichtungen 
zu bewilligen, und harte Kämpfe hatte die Regierung des Königs 
deshalb mit dem Landtage bis zum Jahre 1866 zu bestehen, 
wobei insbesondere der Minister des Aenßeren v. Bismarck- 
Schönhausen und der Kriegsminister v. Roon die Sache 
des Königs mit Opferfreudigkeit und Geschick vertheidigten. 
§. 53. 
Die neue Heerverfassung sollte sich zuerst in einem Kriege 
gegen Dänemark bewähren, das die im Londoner Protokoll 
(§. 50) übernommene Verpflichtung, daß Schleswig-Holstein 
eine vom dänischen Staate gesonderte Verwaltung erhalten sollte, 
nicht gehalten, sondern die Einverleibung Schleswigs in den 
dänischen Staat ausgesprochen hatte. Zum Schutze des zum 
deutschen Bunde gehörigen Holsteins, auf welches der Prinz 
Friedrich v. Holstein-Sonderburg-Angnstenburg seine Ansprüche 
nach dem Tode Friedrichs VII. von Dänemark (1863) geltend 
machte, während das Londoner Protokoll zu dessen Nachfolger 
das Haupt der jüngeren Linie, den Prinzen Christian v. Hol- 
stein-Glücksburg bestimmt hatte, beschloß der deutsche Bundestag 
die Bmides-Execution, da er das Londoner Protokoll nicht mit 
unterzeichnet hatte, und in seinem Auftrage besetzten 12,000 
Sachsen und Hannoveraner das Land. Preußen und Oesterreich 
aber als Mitunterzeichner des Londoner Protokolls verlangten 
die Ausführung desselben und die Zurücknahme der Einverleibung 
Schleswigs und, als ihrer Forderung nicht genügt wurde, 
drangen 25,000 Preußen unter dem Prinzen Friedrich Karl 
und 20,000 Oesterreicher unter dem Feldmarschall - Lieutenant 
v. Gablenz in Schleswig ein. Während die Oesterreicher die 
Dänen beim Danewerk zurückschlugen und dasselbe zu räumen 
nöthigten (5.—6. Febr. 1864), überschritten die Preußen die
	        
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