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abwärts, auch jetzt noch immer von Gefechten unterbrochen. Nur im
Hunderttorigen Theben ward ein längerer Halt gemacht, und die weit
zerstreuten Reste der alten Hauptstadt konnten ein wenig eingehender
gemustert werden. Natürlich bildeten die schon im Altertum berühmten
Memnonskolosse, in denen Denon die Bilder ägyptischer Prinzessinnen
erkennen wollte, einen Hauptgegenstand des Interesses.
So verlief dieser erste wissenschaftliche Vorstoß in das Innere des
Pharaonenreichs. In Kairo entfaltete das Institut mehrere Jahre hin¬
durch eine rege Tätigkeit, bei der Gelehrte, Offiziere, Ingenieure zu¬
sammen arbeiteten, um reichen Stoff zu sammeln. Auch von Altertümern
ward zur Stelle gebracht, was sich ohne große Schwierigkeit erwerben
ließ. Denn Ausgrabungen wurden überhaupt nicht angestellt; Beobach¬
tung und Sammeltätigkeit mutzten sich also auf diesem Gebiete an das
halten, was offen dalag oder was durch Zufall ans Licht gebracht ward,
wie z. B. die bei Befestigungsarbeiten aufgedeckte dreisprachige Inschrift
von Rosette, die durch die Wiedergabe des gleichen Textes in hiero-
glyphischer, demotischer und griechischer Schrift so wesentlich zur Ent¬
zifferung der ägyptischen Sprachdenkmäler beitragen sollte. Sonst um¬
faßte die Altertümersammlung 27 Bildwerke, meistens Bruchstücke von
Statuen, aber auch einige Sarkophage. Das Schicksal der Sammlung
war eigentümlich. Nachdem Bonaparte schon im Oktober 1799 nach
Frankreich zurückgekehrt und sein Nachfolger Kleber am 14. Juni 1800
durch Meuchelmord gefallen war, sahen sich die Franzosen im Jahre 1801
gezwungen, Ägypten zu räumen. Zu den nur mit großem Widerstreben
zugestandenen Kapitulationsbedingungen gehörte auch die Auslieferung
der gesammelten Altertümer an England; statt in Paris fanden sie also
im Britischen Museum ihren Platz. Aber die Ergebnisse ihrer wissen¬
schaftlichen Forschungen verblieben den Franzosen. Eine Redaktions¬
kommission in Paris besorgte in langjähriger Arbeit die Abfassung
und Herausgabe der bändereichen Description de l’Egypte, des auf
lange hinaus grundlegenden Werkes für die Kunde des Nillandes. In
den dem Altertum gewidmeten Bänden trat zuerst die bisher unbekannte
ägyptische Architektur in ihrer Großartigkeit und Einfachheit ans Licht;
die Skulptur und die Malerei erschienen als ergänzende Künste im
Dienste der Baukunst. Die Perioden der ägyptischen Kunst waren noch
nicht geschieden; was die Abbildungen brachten, gehörte fast ausnahmslos
der Spätzeit an. Indessen hatte doch Denon beispielsweise drei Arten
von Hieroglyphen (vertieft, flach erhaben, en creux) richtig unterschieden,