Full text: Dichtung des Mittelalters (Teil 1)

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Dritte Periode, von 1100 bis 1300, oder erste Blüteperiode. 
gebigen und die Sangeskunst kräftig fördernden Landgrafen Hermann von 
Thüringen1 * auf, bald durchzog er als fahrender Sänger die Gaue Deutsch¬ 
lands. Diese Reise-Eindrücke hat er niedergelegt in dem herrlichen Gedichte: 
Deutschlands Ehre, - 4 
Ir suit sprechen willekomen : 
der iu mære bringet, daz bin ich. 
allez, daz ir habt vernomen, 
daz ist gar ein wint : nü fraget mich. 
ich wil aber miete : 
wirf min Ion iht guot, 
ich sag’ iu vil lihte daz iu sanfte 
tuot. 
seht, waz man mir êren biete. 
V 
Ich will tiuschen frouwen sagen 
solhiu mære, daz sie deste baz 
al der werlte suln behagen : 
âne grôze miete tuon ich daz. 
waz wold’ ich ze lerne? 
sie sint mir ze her : 
so bin ich gefüege und bite sie 
nihtes mêr, 
wan daz sie mich grüezen schöne. 
Ich hän lande vil gesehen 
unde nam der besten gerne war : 
übel müeze mir geschehen, 
künde ich ie min herze bringen dar, 
daz im wol gevallen 
wollte fremeder site, 
nü waz hülfe mich, ob ich unrehte 
strite ? 
tiuschiu zuht gät vor in allen. 
Heißt mich froh Willkommen fein, 
Der euch Neues bringet, das bin ich : 
Eitle Worte sind's allein. 
Die ihr noch vernahmt; jetzt fraget mich. 
Wenn ihr Lohn gewähret 
Und den Sold nicht scheut, 
Will ich manches sagen, was die Herzen 
freut: 
Seht, wie ihr mich würdig ehret. 
Ich verkünde deutschen Fraun 
Solche Dinge, daß sie alle Welt 
Noch begieriger wird zu schaun: 
Dafür nehnst ich weder Gut noch Geld. 
Was wollst ich von den Süßen? 
Sind sie doch zu hehr: 
Drum bescheid' ich mich und bitte sie 
nichts mehr, 
Als mich freundlich stets zu grüßen. 
Lande half ich viel gesehn, 
Nach den besten spähst ich allerwärts: 
Übel möge mir geschehn, 
Wenn sich je bereden ließ mein Herz. 
Daß ihm wohlgefalle 
Fremder Lande Brauch! 
Wenn ich lügen wollte, lohnte mir 
es auch? 
Deutsche Zucht geht über alle. 
i An diese Zeit seines Aufenthaltes lehnt sich das um 1300 geschriebene 
lyrisch-didaktische Streitgedicht: „Der Sängerkrieg aus der Wartburg". In dem 
ersten Teile der poetisch ganz wertlosen Dichtung streitet im Jahre 1207 der sagen¬ 
hafte Heinrich von Ofterdingen mit Walther vor dem Landgrafen Hermann und 
seiner Gemahlin Sophie und den beiden Preisrichtern Wolfram und Reinmar von 
Zweier. Heinrich, der das Lob Leopolds von Österreich besingt, unterliegt dem den 
Landgrafen Hermann preisenden Walther, darf aber, unterstützt von der Landgräsin 
Sophie, den Zauberer Klingsor aus Ungarland als Schiedsrichter berufen. Dieser 
mißt sich im zweiten Teile des Gedichtes in seltsamen Rätseln mit Wolfram, wird 
aber von ihm, dem „rechtgläubigen Laien", überwunden.
	        
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