Tullus Hostilius 672—640 vor Chr. 33
Tullus Hostilius. Unter ihm brach die Eifersucht zwischen Albalonga ^ T. Hostllms
und ihrer Tochterstadt Rom in offenen Krieg aus. Schon wollten beide
Heere in der Nähe Roms eine große Schlacht wagen, da schlug Mettus
Fussetius, der albanische Feldherr, vor, durch einen Wettkampf einzelner
die Entscheidung herbeizuführen. — Tullus willigte ein. Nun dienten im
römischen Heere Drillingsbrüder, die „Horatier" genannt, und ebenso im Horatier u.
albanischen, die „Kuriatier" genannt. Diese wurden zu dem Wettstreit unate<"
auserlesen und traten hin zwischen die beiden Heere. Das Zeichen zum
Angriff wird gegeben! Wütend stürmen die Jünglinge auf einander los;
mit der größten Spannung folgen die Zuschauer dem Kampfe. Plötzlich
stürzt ein Römer und über ihn noch ein Römer sterbend hin. Ein Jubel-
geschrei ertönt in dem albanischen Lager. Aber verwundet sind alle drei
Albaner und unversehrt ist der noch übrige Römer. Um die dreifache Gewalt
zu teilen, heuchelt dieser Flucht. Die Kuriatier eilen, wie ihre Wunden es er-
lauben, ihm nach. Doch bald kehrt der Listige sich um: den Kuriatier, der ihm zu-
nächst ift, erlegt er, dann durchbohrt er den zweiten und zuletzt auch den dritten.
— So hatten die Römer gesiegt und ihre Mutterstadt sich unterthan gemacht.
Die Römer kehrten triumphierend in ihre Stadt zurück: voran Horatius,
mit den Rüstungen seiner Gegner geschmückt. Am Thore begegnete ihm
seine Schwester, die mit einem der gefallenen Kuriatier verlobt war. Als
sie unter den Siegeszeichen ihres Bruders auch das Kriegsgewand erblickte,
das sie selbst ihrem Bräutigam gewebt, schalt sie ihren Bruder einen Ver-
wandtenmörder und rief unter Schluchzen mehrmals den Namen ihres Ge- ^
liebten. Dies empörte den Jüngling so, daß er die Schwester niederstieß. Schwester-
„Fahre hin zu deinem Buhlen", rief er, „mit deiner unzeitigen Liebe, du mor *
Unwürdige, weil du deiner Brüder, der toten und des lebenden, vergaßest,
deines Vaterlandes vergaßest!" Horatius wurde vor Gericht gestellt und
zum Tode verurteilt. Nur auf Bitten seines Vaters, ihn nicht des letzten
Kindes zu berauben, milderte das Volk die Strafe dahin, daß der Schuldige
durch das Schandjoch, eine Art Galgen, gehen mußte.
2. Unwillig trugen die Albaner die römische Obermacht und strebten eifrigst
darnach, die alte Unabhängigkeit wieder zu gewinnen. Ihr Feldherr
Fuffetius wiegelte daher die Fideuater 1 und Vejenter1 gegen Rom ?|^ee"^r
auf und versprach, während der Schlacht zu ihnen überzugehen. Wirklich °
erschienen diese vor Rom. Tullus rückte ihnen mit dem römischen Heere,
dem die Albaner als Hilfstruppen beigegeben waren, entgegen. Kaum aber
hatte das Treffen begonnen, so zog sich Fuffetius mit seinen Leuten in die
Nähe des Feindes. Ein Bote bringt dem Tullus die Schreckenspost, der
aber rief, schnell gefaßt, laut aus: „Ganz recht, sie fallen auf meinen Befehl
den Fidenatern in den Rücken!" Dadurch irre gemacht, ergriffen die Fidenater
uud Vejenter die Flucht. — Für den nächsten Tag ordnete Tullus eine Volks-
Versammlung an, wo er die Verräterei des Mettus enthüllte und den Schul- Strafe des-
bigeri durch Pferde zerreißen ließ. — Albalonga wurde zerstört und seine Mettus.
Bewohnerschaft in Rom auf dem cätischen Hügel (S. 35 Anm. 1.) angesiedelt.
Nach 32 jähriger Regierung (640) fand Tullus burch einen Blitzschlag
seinen Tob. Die Römer sahen bies als Strafe ber Götter an, weil Tullus
1 Albalonga, Stadt in Latinm, südlich von Rom.— Fidenater, Bewohner
von Fidenä in Latinm, acht Kilometer nordöstlich von Rom. — Vejenter, Bewohner
von Neji in Etrnrien.
Spieß u. Beriet, Weltgeschichte II. 8. Aufl. 3