4 I- Teil, Erster Abschnitt.
Wir sehen also, daß die Breitenlage sowohl auf die Pflanzen- und Tier¬
welt, wie auch vor allem auf die Wirtschaft des Menschen von einschneidender
Bedeutung ist.
II. Nachbarlage. Während die Breiten- oder Zonenlage uns darüber
unterrichtet, in welchem der großen klimatischen Gürtel, die sich parallel mit
dem Äquator um die Erde ziehen, ein Land liegt, gibt uns die Nachbarlage
Aufschluß über die Umgebung eines Landes; sie zeigt uns, ob es vom Meer,
von anderen Landräumen oder von beiden begrenzt ist. Danach reden wir von
Insel-, Binnen- und Küstenlage. Jede hat ihre besonderen Vorzüge und
Nachteile.
a) Insellage. Wo das Meer das Land begrenzt, gibt es demselben See-
klima, d. h. es mildert die Hitze des Sommers und die Kälte des Winters,
die ihm der Breitenlage nach zukommen. Dadurch schafft es für Pflanzen,
Tiere und Menschen günstigere Daseinsbedingungen. Das Meer öffnet das
Land dem Weltverkehr. Ans unbeschränkter, von der Natur gegebener, kosten-
loser Bahn können die Erzeugnisse desselben weit in die Welt hinausgehen
und bei den günstigen Transportbedingungen zu billigen Preisen auf den Markt
gebracht werden. Das Meer sichert vor feindlichen Einfällen und macht ein
Volk in geistiger, wirtschaftlicher und politischer Beziehung frei, selbständig und
kühn. So sind die Völker, die am Meere wohnten, zu allen Zeiten diejenigen
gewesen, welche für Handel und Verkehrswesen, für die wirtschaftliche und
kulturelle Entwicklung der Bewohner der Erde das Größte geleistet und sich
selbst dabei Reichtum und Macht erworben haben. Am günstigsten ist in allen
genannten Beziehungen natürlich ein Land mit reiner Insel- oder Halbinsellage
gestellt (Großbritannien).
b) Kinnenlage. Ist ein Land dagegen vom Meere abgeschlossen (Schweiz),
so fehlt ihm die beste Sprosse auf der Leiter zur kulturellen Höhe. Da sind
zunächst Pflanzen, Tiere und Menschen unter viel ungünstigere Verhältnisse
gestellt. Während das Meer die klimatischen Gegensätze der Jahreszeiten
mildert, werden sie durch das Land verschärft. Große Ländermassen erzeugen
Binnenlands- oder kontinentales Klima mit heißeren Sommern und
kälteren Wintern, als die Breitenlage allein hervorbringen würde. Vom Meere
abgeschlossen sein heißt ferner von den Wegen des Weltverkehrs, vom Wett-
bewerb der Völker auf dem Gebiete des Handels ausgeschlossen oder empfindlich
beschränkt sein. Ein Land, das noch von anderen Ländern umgeben ist, ist
auch in der Selbständigkeit seiner geistigen und wirtschaftlichen Entwicklung
gehemmt. An allen Grenzen finden sich Vermischungen mit Kulturelementen
fremder Völker, und je zahlreicher die umwohnenden Völker sind, um so mehr
ist die kulturelle und politische Einheitlichkeit des Landes gestört. Feindliche
Einfälle, politische Verwicklungen aller Art bedrohen es und zwingen zu Ver-
teidigungsmaßnahmen, die jährlich ungeheure Summen verschlingen. Daraus
erklärt sich auch das Bestreben aller Binnenstaaten, ihre Grenzen bis an die
Meeresküste auszudehnen (Kongostaat in Afrika, Österreich).
c) Rüstenlage. So stehen also Insel- und Binnenlandsvölker in scharfem
Gegensatze zueinander. Betrachten wir nun noch die Zwischenstufe zwischen