Full text: [Teil 2,3] (Teil 2,3 für Untersekunda)

Uaiser- 
proklama- 
tion 
168 Das Zeitalter Wilhelms I. 
öer deutschen Stämme besiegt worden. Schon im herbst 1870 nach öen 
ersten großen Siegen lebte öer Geöanke in aller herzen, öaß öie auf öem 
Schlachtfetö besiegelte Einigkeit ihren flusörud finöen mußte in einem 
öas gesamte Deutschlanö umfassenöen Staatswesen mit öem Kaiser an 
öe^Spi^e. Hoch war öer Krieg nicht beenöet, öa fanö mitten im Zeinöes- 
lanö in öer Galerie des glaces öes Bourbonenschlosses zu Versailles 
öie Kaiserausrufung statt, öer öie ungeheure Mehrheit öer Hation 
jauchzenö zustimmte. Wilhelm aber, öer in seiner Bescheiöenheit 
1871 
18.3an. 
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öte neue Züüröe nur zögernö annahm, erklärte in öer Proklamation an öas 
bische Volk, öie Bismarck verlas: „Uns aber unö unserenHachfolgern an öer 
Kaiserkrone wolle Gott verleihen, allezeit Mehrer öes Deutschen Heiches zu 
sein, nicht an kriegerischen (Eroberungen, sonöern an öen Gütern unö Gaben 
öes Srieöens auf öem Gebiete nationaler Wohlfahrt, Freiheit unö Gesittung." 
Die Verfassung öes Deutschen Heiches trat am 4. Mai 1871 in Kraft. 
Das Deutsche Heich ist ein Bunöesstaat: es besteht aus 26 Staaten, 
von denen jeöer zugunsten öer Gesamtheit auf einen Teil feiner Hechte 
verzichtet hat. Daher ist ein großer Teil öer Gesetzgebung unö öer Ver¬ 
waltung auf öas Reich übergegangen. 
Die Gesetzgebung wirö von Bunöesrat unö Reichstag ausgeübt. 
Der Bunöesrat besteht aus öen Bevollmächtigten öer Einzelstaaten. 
3eöe Regierung kann so viele ernennen, als sie Stimmen hat. von 
diesen stehen Preußen 17, Bayern 6, Württemberg und Sachsen je 4 zu, 
den kleineren Staaten minöestens 1 Stimme. 3m ganzen sinö es 61. 
Die Stimmen eines Staates können nur einheitlich abgegeben roeröen. 
Der Reichstag besteht aus 397 Hbgeoröneten, öie auf 5 Jahre in 
einzelnen Wahlkreisen gewählt roeröen. Das Wahlrecht ist allgemein, 
öa jeöer Deutsche, öer 25 Jahre alt ist, von gewissen ausnahmen ab¬ 
gesehen, wählt,- es ist gleich, weil alle abgegebenen Stimmen öenselben 
Wert haben; es ist öirekt unö geheim, weil öer Wähler öen Hamen öes 
von ihm zum Hbgeoröneten Bestimmten auf einen Zettel schreibt unö 
diesen in einem Umschlag abgibt. Ein Gesetz ist angenommen, wenn die 
Mehrheit in Bundesrat und Reichstag dafür stimmt, fluch Verfassungs¬ 
änderungen können im Wege der Gesetzgebung erfolgen, sind aber aus¬ 
geschlossen, wenn im Bundesrat sich 14 Stimmen dagegen erklären. 
Die ausführende Gewalt haben der Kaiser, öer Bunöesrat unö öie 
Reichsbehöröen. Das präsiöium öes Bunöes steht öem König von 
Preußen zu, öer öen Titel Deutscher Kaiser führt. Er vertritt öas 
Reich nach außen, hat öen Oberbefehl über Heer unö $lotte, übt öie 
Schutzgeroalt in öen Kolonien aus unö ernennt öen Reichskanzler unö 
die Reichsbeamten. Mit Zustimmung des Bundesrates erklärt er den 
Krieg, schließt Verträge ab und löst den Reichstag auf. Der Bundesrat 
erläßt die zur Ausführung der Reichsgesetze erforderlichen allgemeinen 
Derroaltungsvorfchriften.
	        
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