Full text: [Teil 2,3] (Teil 2,3 für Untersekunda)

Das Zeitalter Friedrichs des Großen. 
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Preußen zu weichen, da riß Schwerin einem Hauptmann die Zahne aus der 
Hand, sammelte die Soldaten und führte sie aufs neue gegen den Feind. 
Aber nur wenige Schritte war er seinen Kriegern gegen die feindlichen 
Schanzen vorangeritten, als er, von fünf Kartätschenkugeln getroffen, ent¬ 
seelt vom Pferde sank. Doch der Heldentod des Führers feuerte den linken s^oöns 
Flügel an, mit Ungestüm gegen den Feind vorzudringen, und da nun auch 
der rechte Flügel, der bisher zurückgehalten worden war, in den Kampf 
eingriff, gelang es, die (Österreicher zurückzuwerfen. Die Geschlagenen 
suchten in wilder Flucht Schutz hinter den Mauern Prags, das nun rings 
von Preußen eingeschlossen war, da Feldmarschall Keith mit einem starken 
preußischen Korps das linke ItToldauufer besetzt hatte. Der blutige Sieg 
war teuer erkauft. „Schwerins Tod machte," nach einem tüort des 
Königs, „die Lorbeeren des Sieges welk, der mit so kostbarem Blute 
bezahlt worden war." 
Friedrich, der die Festung Prag zur Übergabe zwingen wollte, setzte Kofinm? 
seine Hoffnung darauf, daß der Herzog von Braunschweig-Bevern das 
zweite österreichische Heer, das unter dem Oberbefehl des Feldmarschalls 
Daun an der böhmisch-mährischen Grenze stand, in raschem Angriff zer- 
streuen und nach Mähren jagen würde. Aber der Herzog fühlte sich dazu 
nicht imstande, da die Österreicher ihm bedeutend überlegen waren. Da 
beschloß Friedrich, selbst einzugreifen und Daun, der inzwischen den Befehl 
erhalten hatte, mit feinem erheblich verstärkten Heere Prag zu entsetzen, 
eine Entscheidungsschlacht zu liefern. Er zog alle die Truppen, die er bei 
der Belagerung Prags nur irgend entbehren konnte, an sich und marschierte 
an der Front Dauns entlang, der westlich von Kolin eine nahezu un¬ 
angreifbare Stellung innehatte. Obgleich die Österreicher beinahe doppelt 
f° stark wie Friedrich waren, gelang dennoch der erste Angriff der Preußen 
auf den rechten Flügel der Österreicher, und die Schlacht wäre gewonnen 
worden, denn Daun hatte schon den Befehl zum Rückzug gegeben, wenn 
nicht der General von ZTTanstem in seinem Ungestüm zu zeitig eingegriffen 
hätte und dadurch den preußischen rechten Flügel, der nach Friedrichs 
Absicht noch zurückgehalten werden sollte, in den Kampf verwickelt hätte. 
Es war Friedrichs erste Niederlage. Durch Dauns Sieg wurde er aus der 
Offensive in die Defensive gedrängt. 
Die nächste unmittelbare Folge der Niederlage war die Aufhebung der Ablage 
Belagerung Prags und der Rückzug der preußischen Armee. Friedrich 
blieb zunächst noch mit der Hälfte des Heeres im nördlichen Böhmen, aber 
durch den ungeschickten Rückzug seines Bruders, des Prinzen August Wilhelm, 
dem er zum erstenmal ein selbständiges Kommando gegeben hatte, und der 
mit der anderen Hälfte des Heeres nach der Lausitz zurückgewichen war, 
wurde auch Friedrich gezwungen, nach Sachsen zu gehen. In Bautzen 
sahen sich die Brüder wieder, und der Prinz mußte hier die schwersten Vor¬ 
würfe wegen seines übereilten und verlustreichen Rückzuges über sich er- 
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