28 Das Zeitalter Friedrichs des Großen.
aufgehalten, noch nicht zur Stelle waren. Doch mit einem halben Siege
wollte sich Friedrich nicht begnügen, darum gab er den Befehl, die festen
Punkte, die die Russen noch innehatten, zu stürmen. Das war aber zuviel
für die todesmatten Preußen, zumal Laudon nachmittags mit frischen
den Spitzberg Säften in den Kampf eingriff. Der Angriff auf den Spitzberg mißlang,
trotzdem Friedrich „allzeit vorn war" und die Soldaten, eine Zahne er-
greifend, mit den Worten anfeuerte: „Kinder, verlaßt mich nicht; wer ein
braver Soldat ist, der folge mir!" Zwei Pferde wurden ihm unter dem
Leibe getötet, und er selber, dessen Kleider von mehreren Kugeln durch*
bohrt wurden, entging dem todbringenden Geschoß nur dadurch, daß die
Flintenkugeln an einem goldenen (Etui, das er in der Tasche trug, ab¬
prallten. Friedrich suchte den Tod,- als einer der letzten blieb er auf dem
Schlachtfelde und rief verzweifelnd aus: „Kann mich denn keine verwünschte
Kugel treffen?" Schon sprengten Kosaken heran, und Friedrich märe
gefangen genommen worden, wenn nicht der Rittmeister prittwitz mit
einem Kommando Leibhusaren im Augenblick der höchsten Hot den König
herausgehauen hätte.
3n völliger Auflösung flutete das geschlagene preußische Heer zur
©öer zurück, wo Frieörich in öem Fährhause des Dörfchens Gtscher Unter-
fünft fanö. Von hier aus sanöte der König noch am Abend öes Unglücks-
s|«ibe?an *a9es einen Bericht an den Minister von Findenstein, der mit den er-
stnäenftein schüttelnden Worten schließt: „Alles flieht, und ich bin nicht mehr Herr
meiner Leute. Man wird gut tun, in Berlin auf seine Sicherheit zu denken.
Dies ist eine furchtbare Niederlage, ich werde sie nicht mehr überleben.
Die Folgen der Schlacht werden schlimmer sein, als die Schlacht selbst,- ich
habe keine Hilfsquellen mehr und, wahr zu sprechen, ich halte alles ver¬
loren. Ich werde den Verlust meines Vaterlandes nicht überleben. Leben
Sie wohl auf ewig!" Die körperlichen und geistigen Anstrengungen der
letzten Tage, vor allem die Aufregung, die die furchtbare Schlacht mit sich
gebracht hatte, waren auch für Friedrichs starke Natur zuviel, er brach
fegföc? völlig zusammen und legte den Oberbefehl über die Armee in die Hände
^nköef1,1 ^es Generalleutnants Finck. „Weil mir eine schwere Krankheit zugestoßen,
so übergebe das Kommando meiner Armee während der Krankheit, bis
an meine Besserung, an den General Finck."
Doch diese Krankheit, die in einer völligen Abspannung der Nerven
bestand, währte nur drei Tage. Bereits am 16. August führte der König
öas Heer in südwestlicher Richtung nach der Spree, um den Österreichern
öen Weg nach Berlin zu versperren. Er nahm Stellung bei Fürstenwalöe
^RettungS und war auf eine neue Schlacht gefaßt. Aber da trat „das Mirakel des
Hauses Brandenburg ein," wie der König an seinen Bruöer, den Prinzen
Heinrich, schrieb, „in der Zeit, da der Feind nach dem Übergang über die
©öer durch den Entschluß zu einer zweiten Schlacht den Krieg beendigen
konnte, ist er von Müllrose nach Lieberose marschiert." Russen und ©stet-