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Das Zeitalter Friedrichs des Großen.
zu: „Der Kaiser Josef hat Kopf; er könnte viel ausrichten. Schabe für
ihn, daß er immer den zweiten Schritt tut, ehe er den ersten getan hat."
Dor altem mar es dem Kaiser darum zu tun, Österreich in einen Einheits-
staat zu verwandeln: aus Deutschen, Tschechen, Ungarn, Polen, Kroaten,
Slowenen, Slowaken, Italienern wollte er Österreicher machen. Darum
hatte er sich in Böhmen und Ungarn nicht krönen lassen, sondern die
Kronen dieser Länder, die „Rarrenhäubel", nach einem Worte seiner Mutter,
wie auch den herzogshut von Österreich in die Wiener Schatzkammer
bringen lassen, als Reliquien einer überlebten Zeit. Zerner wollte er die
große Macht öer katholischen Kirche in Österreich einschränken, hob die
steuern ^^Mnschaft auf und suchte auf allen Lebensgebieten zu reformieren,
feiner PläneöocI? allen seinen Neuerungen wurde hartnäckiger Widerstand entgegen-
gesetzt, so daß der Kaiser am (Ende seines Lebens selber bekannte: „er
habe das Unglück gehabt, alle seine Entwürfe scheitern zu sehen." Er-
greifend sind die Worte, die der noch nicht 49jährige Kaiser kurz vor seinem
Tode an seinen Bruder Leopold schrieb: „Versunken in mein eigenes
Mißgeschick und in das des Staates, mit einem körperlichen Zustand, der
mich jeder Erleichterung beraubt und die Arbeit nur noch peinlicher macht,
bin ich gegenwärtig der Unglücklichste unter den Lebenden; Geduld und
Ergebung sind meine einzige Devise. Du kennst meinen Fanatismus,
f° darf ich sagen, für das Staatsroohl, dem ich alles geopfert habe, —
das bißchen guten Ruf, das ich besessen, das politische Ansehen, welches
die Monarchie sich erworben, alles ist dahin. Beklage mich, mein teurer
Bruder, und möge Gott dich vor einer ähnlichen Lage bewahren."
£eoKpaoiörii. Nur zwei Jahre waren Leopold II., seinem Bruder und Nachfolger,
1790-1792 auf dem Throne beschieden. Rücksichtsvoller als Josef verstand er es,
in dieser kurzen Zeit die Ruhe im Innern und nach außen zu wahren.