Full text: Geschichte des Altertums (Teil 1)

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Dorer jenes Orakelspruches; sie gaben die Belagerung auf und zogen 
nach dem Pelopouues zurück. 
Die Athener hielten niemanden für würdig, dem Kodrns als 
König nachzufolgen und schafften deshalb die Königswürde ab. An 
die Spitze des Staates trat jetzt ein oberster Beamter, ein Archen; 
er wurde auf Lebenszeit gewählt und zwar anfangs aus dem Ge- 
schlechte des Kodrus, später aus der Klasse der Adeligen. Im siebten 
Jahrhundert wurde die höchste Gewalt' unter nenn Archonten verteilt, 
die jährlich wechselten. 
Athen war jetzt ein Freistaat, aber die Archonten regierten nach 
Willkür. Sie schlössen die Kaufleute von der Verwaltung des Staates 
ans und bedrückten die unteren Volksklassen durch harte Gesetze. Über 
diese Willkürherrschaft entstand Unzufriedenheit und Gärung unter 
dem Volke. 
Der Archon Drako.n (620) wurde beauftragt, geschriebene Gesetze 
nach dem Herkommen aufzustellen, da die gesetzlichen Bestimmungen 
bisher nur mündlich überliesert waren. Aber die „drakonischen" Gesetze, 
von denen man wegen ihrer Härte später sagte, daß sie mit Blut 
geschrieben wären, machten die allgemeinen Klagen nicht verstummen. Sie 
verbitterten die Gemüter noch mehr, und der Streit der Parteien zerrüttete 
nach und nach den ganzen Staat. Die Unzufriedenheit wurde noch 
durch die wirtschaftlichen Gegensätze erhöht. Handel und Handwerk 
blühten empor, die- Geldwirtschast trat an Stelle der Naturalwirtschaft, 
durch die Getreideeinfuhr aus Kleinasien sanken die Kornprcife, der 
Kleingrundbesitz ging zurück und geriet durch die Bedrückung von feiten 
des reichen Adels uud den hohen Zinsfuß (zu 16 % und mehr) immer 
mehr in Verschuldung. Die Schuldner wurden gefangen gesetzt oder 
in Schuldknechtschaft verkauft. Eine Neugestaltung war mit Rücksicht 
aus die wirtschaftlichen Verhältnisse notwendig. In dieser Zeit der 
allgemeinen Verwirrung sollte Solon der Retter seines Vaterlandes 
werden. 
2. Solon (600). a. Seine Person. Solon stammte aus 
adligem Geschlechte und galt als ein Nachkömmling der alten Königs- 
samilie. Wegen seines ansanglich geringen Vermögens trieb er Handel 
uud stand so dem Volke näher als mancher seines Standes, wozu' 
noch sein liebenswürdiges Wesen beitrug. Auf seinen Handelsreisen 
war er mit den berühmtesten Männern seiner Zeit in Verbindung 
getreten und hatte die Knltnr Ägyptens und Kleiuasieus kennen 
gelernt. Er wird zu den sieben Weisen gezählt, und fein Wahlspruch
	        
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