Full text: Geschichte des Mittelalters und der Neuzeit bis zum Westfälischen Frieden (Teil 2)

geahmt, Sie und auch die mit reichen Liegenschaften ausgestattete Kirche 
überwiesen einen Teil ihres Besitztums an Untervafallen, die zu 
dem Verleiher in demselben Verhältnisse standen, wie die Vasallen zu dem 
Könige; dem Könige unterstanden sie nur mittelbar durch ihren Lehnsherrn. 
Ein solches Lehen hieß Afterlehen. Die Rangordnung der Lehnsträger 
wurde „Heerschild" genannt mit anfangs drei, später sieben oder zehn Stufen. 
Der Gegenstand des Lehens war später ein ganz verschiedenartiger; es 
wurden Amter, Nutzung des Waldes und der Jagd, Erträge aus Zöllen, 
Brücken- und Fahrgeldern verliehen. Das Benefizinm war auch die Form, 
in der Kirchen, Klöster, Kapellen, Altäre an Personen geistlichen, und soweit 
es sich um die Einkünfte handelte, auch an solche weltlichen Standes über¬ 
geben wurden. 
Bedeutung des Lchnswesens. Das Lehuswefen, das in die ältere fränkische 
Zeit zurückgeht, -fand im 9. und 10. Jahrhundert die weiteste Ausdehnung; 
es beeinflußte das gesamte staatliche, soziale und wirtschaftliche Leben des 
Mittelalters. Da nicht bloß Grundbesitz, sondern auch Amter und regelmäßige 
Einkünfte jc. verschiedener Art verliehen wurden, so beruhte die Macht der 
Könige und Fürsten auf den lehnsabhängigen Leuten. Mit dem Lehnswesen 
stand das Kriegswesen in innigster Beziehung; statt des alten Heerbannes 
entstand das Vasallenheer, das im Mittelalter die Wehrkraft des Landes 
bildete. Da die Beamten kein Gehalt erhielten, sondern mit Grundbesitz aus- 
gestattet wurden, verdrängte seit dem 7. Jahrhundert die Naturalwirt¬ 
schaft die römische Geldwirtschaft vollständig. 
Schattenseiten des Lehnswesens. Wenn die Wechselbeziehung zwischen 
Herr und Vasall die Treue festigte, die Kraft des einzelnen stärkte uud die 
Schwachen schützte, so hat das Lehnswesen auch seine Schattenseiten. Es schloß 
eine feste politische Staatsform aus. entfremdete eine große Anzahl früherer 
Gemeinfreien dem öffentlichen Leben uud förderte das Anwachsen des Groß- 
grnndbesitzes. Mit dem Sinken der kaiserlichen Macht entwickelte sich im spä- 
teren Mittelalter die Landeshoheit der Reichsfürsten, eine Zwischeninstanz 
zwischen König und Volk, das mit ihm nach und nach jede Fühlung verlor. 
b. Das Körigkcitsverhäl'tnis. 
Kleine Grundbesitzer, die Freien, hatten durch die zu leistenden 
Dienste im Kriege, durch die Teilnahme an Gerichtssitzungen in wirtschaftlicher 
Hinsicht viel zu leiden. Zur Besserung ihrer Lage übergaben sie ihr Eigentum 
(Allod) einem geistlichen (Bischof, Abt) oder einem weltlichen Großen, von 
dem sie es als eine Art Lehen zurückerhielten. Das auf diese Weise wieder- 
empfangene Gut blieb der Familie erblich; für die Befreiung von den Lasten, 
die der Gutsherr übernahm, mußten Naturalabgaben entrichtet und Hand- 
und Spanndienste geleistet werden. Der freie Bauernstand schwand mit der 
Zeit immer mehr, seine politischen Rechte büßte er ein. Es entstand die Klasse 
der Hörigen, die den Ubergang zur Leibeigenschaft am Ende des Mittel- 
alters bildete.
	        
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