Full text: Geschichte des brandenburgisch-preußischen Staates und der Neuzeit seit dem Westfälischen Frieden (Teil 3)

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von dem Herzog Karl Eugen von Württemberg in schlimmster Weise 
ausgeübt wurde. Die Bauern wurden in großer Auzahl herangeholt, 
um auf Bergen Seen auszuwerfen. Um seinen Gästen eine überraschende 
Unterhaltung zu bereiten, ließ der Herzog in diese Seen Hirsche treiben, 
die dann nachts bei glänzender Beleuchtung abgeschossen wurden. Seinen 
Hofstaat bildeten 2000 Personen, und 700 Personen mit 600 Pferden 
mußten ihn als Gefolge auf feinen Reisen begleiten. Er erbaute die 
Lustschlösser Ludwigsburg, Solitüde und Hohenheim, die dem 
Lande große Summen kosteten. 
Die Adligen herrschten als unumschränkte Herren auf ihren 
Familiensitzen auf dem Lande; die Verwaltung der Güter überließen sie 
vielfach „Amtmännern"; sie selber verbrachten den Winter in der nahen 
„Residenz", wo sie ihre eigenen „Höfe" hatten, den Sommer in viel- 
besuchten Lurusbäderu. Viele Adlige drängten sich an die fürstlichen 
Höfe oder bewarben sich um Offiziersstellen oder um die höheren Ämter in 
der Verwaltung, die fast ausschließlich dem Adel vorbehalten waren. 
Die Vorstellungen menschenfreundlicher Fürsten, das Los ihrer Bauern 
zu erleichtern, wiesen sie mit aller Entschiedenheit ab. Durch ein üppiges 
Leben, durch Spiel, Putz- und Modesucht, wofür Paris tonangebend 
war, gerieten sie immer tiefer in Schulden. 
Neben den adligen Beamten bildeten die nicht adligen Juristen, 
die auf den Universitäten das römische Recht studiert hatten, einen be¬ 
sonderen Beamten st and, der sich von den Bürgern streng absonderte. 
3. Die Bürger, a) Das Aussehen der Städte. Die 
Mauern, die noch viele Städte umgaben, begannen zn zerbröckeln, die 
Türme und Tore waren entweder niedergerissen oder als Gefängnisse 
eingerichtet. Die ausgetrockneten Stadtgräben wurden in Gärten 
oder Anlagen verwandelt oder dienten den Kühen als Weide und den 
Seilern und Tuchmachern zur Ausübung ihres Handwerkes; die Wälle 
waren in besseren Städten mit Bäumen bepflanzt und in Spazierwege 
umgewandelt. 
Im Innern der Stadt lagen zwischen den schmucklosen 
Häusern große Plätze, die als Obst- und Gemüsegärten dienten oder als 
Ziergärten nach französischem Geschmack eingerichtet waren. Die Häuser 
auf dem Markte, die mit ihren geradlinigen hohen Giebeln nach der 
Straße schauten, waren im ganzen besser gehalten; die „Lauben", eine 
Eigenart der Häuser früherer Zeit, waren nur noch vereinzelt zu finden. 
Viele leerstehende Klostergebäude hatte man zu Schulen. Pfarrwohnungen, 
Armen- und Krankenhäusern eingerichtet.
	        
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