Full text: Geschichte des brandenburgisch-preußischen Staates und der Neuzeit seit dem Westfälischen Frieden (Teil 3)

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Jahren konnte Preußen 150000 Mann kriegstüchtige Soldaten aufstellen, 
die jeden Augenblick bereit waren, unter die Waffen zu treten. 
Die Festungen wurden wiederhergestellt und neu ausgerüstet, 
Kanonen und Gew ehre herbeigeschafft, und alles dieses geschah, 0H1V 
daß die Franzosen ahnten, welche fürchterliche Macht sich heimlich gegen 
sie bildete. Herrscher und Volk waren aufs innigste miteinander verbunden, 
von ein und demselben Geiste beseelt, und alle harrten des großen Tages, 
wo sie sich vou der französischen Knechtschaft befreien, den alten Waffen- 
rühm erneuern und neue Lorbeeren zu den früheren erwerben könnten.J) 
8. Wiedergeburt des nationalen und sittlichen Lebens. Sollte^ 
die Umgestaltung Preußens in staatlicher und militärischer Hinsicht sich 
in der Folge wirksam erweisen, dann mußte auch eine nationale und 
sittliche Wiedergeburt des gesamten preußischen Volkes stattfinden. 
Wahre Religiosität, Zucht und Sitte, begeisterte, opfer- 
freudige Liebe und Hingabe an Fürst und Vaterland mußten, 
in allen Schichten des Volkes wieder herrschen und es zu deu größtem 
'Taten begeistern; auch in dieser Hinsicht mußte nach des Königs Worten 
„alles anders werden". 
Edle, tatkräftige Männer traten dem Könige bei dieser geistigen 
Erneuerung des Volkes in Wort und Schrift helfend zur Seite., 
Philosoph Johann Gottfried Fichte forderte in feinen 
„Reden an die deutsche Nation", die erim Winter 1807 vor Zuhörern 
aus allen Schichten des Volkes hielt, eine ansopfernngsfrendige Hingabe 
an das Vaterland, das nicht durch Hilfe von außen her, fondern nur 
durch sich selbst gerettet werden könnte und müßte/ 
Der Theologe Friedrich Schleiermacher mahnte in setiteif 
Kanzelreden zur Rückkehr vom Rationalismus zum wahren Glanben, zu 
einem religiösen Leben und zum sittlichen Ernst. Von den Kathedern der 
im Jahre 1810 gegründeten Universität zu Berlin suchten Männer 
wie Wilhelm von Humboldt, der Geschichtsschreiber Niebuhr, 
der Rechtsgelehrte von Savigny in der heranwachsenden Jugend Liebe 
und Begeisterung für alles Schöne und Erhabene zu wecken. Ihnen reihten 
sich die Gebrüder Grimm und der gewaltige Görres in würdiger 
Weife an. die auf die Schönheit und Gedankentiefe der deutschen Sprache 
in den alten Märchen, Volksliedern und Volksbüchern hinwiesen. 
Der gefeierte Dichter Schiller verherrlichte in seinem Drama 
„Wilhelm Tell" die Liebe zum freien Vaterlande und den Kampf 
Erg. 27. und 23.
	        
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