Full text: Geschichte des brandenburgisch-preußischen Staates und der Neuzeit seit dem Westfälischen Frieden (Teil 3)

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wendigkeit einer gewaltsamen Neugestaltung voraussehen. Schon vor dem 
Dänischen Kriege war es zwischen Preußen und Österreich zu schärfen 
Gegensätzen gekommen. Der österreichische Kaiser Franz Joseph hatte 
einen Reformplan des Deutschen Bundes eingebracht. Auf dem Fürsten- 
tage zu Frankfurt (1863) wurde die neue Verfassung nach kurzer 
Beratung genehmigt. König Wilhelm hatte sich geweigert, dem Fürsten- 
tage beizuwohnen, weil Österreich seine Vorschläge nicht vorher, sondern 
erst in Frankfurt bekanntgeben wollte. Der König ließ erklären, daß 
ein solches Vorgehen der Würde Preußens nicht entspreche. Da Preußen 
eine bedeutend größere Maffe deutschen Landes besaß als Österreich, 
erstrebte es gleiche Stellung mit Österreich, womit letzteres 
nicht einverstanden war. 
Nach dem Kriege von 1864 traten die Gegensätze zwischen den 
beiden Nachbarstaaten schärfer denn je hervor. Österreich legte auf den 
Mitbesitz von Schleswig-Holstein wenig Gewicht. Es wollte deshalb 
aus den Elbherzogtümern einen eigenen Staat bilden nnter der Regierung 
des Prinzen Friedrich von Augustenburg. Preußen war 
hiermit nur unter der Bedingung einverstanden, daß n. a. die Wehr- 
kraft Schleswig-Holsteins unter den Oberbefehl des 
Königs von Preußen gestellt und die Anlegung von 
Kriegshüfen und der Bau des Nordostsee-Kauals (des 
jetzigen Kaiser-Wilhelm-Kanals) gestattet werde. Österreich, wie 
auch der Prinz von Augustenburg, waren nicht geneigt, auf sämtliche 
Forderungen einzugehen. Der zwischen Preußen und Österreich infolge- 
dessen entstandene Zwist wurde durch den oben genannten Gasteiner 
Vertrag vorläufig beigelegt; „der Riß im Bau war nur verklebt" 
(Bismarck). 
Als dann Österreich einseitig die Lösung dieser Angelegenheit der 
Entscheidung des Deutscheu Buddes anheimstellte und zugleich 
die Stände von Holstein zu einer Beratung zusammen- 
ries. erklärte Preußen dies als einen Bruch des Gasteiner Ver- 
träges und ließ seine Truppen von Schleswig her unter seinem 
General von Mantenffel in Holstein einrücken. Die Österreicher zogen 
mit dem General von Gablenz unter Protest nach Böhmen ab. Die 
Besetzung Holsteins erklärte Österreich als eine Verletzung des Bundes- 
sriedens und beantragte die Mobilmachung des gesamten Bundesheeres 
mit Ausnahme des preußischen Anteiles. Dieser Antrag wurde 
mit 9 gegen 6 Stimmen angenommen. Darauf erklärten 
Preußen und die ihm zugewandten Staaten ihren Austritt und die
	        
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