Full text: Geschichte des brandenburgisch-preußischen Staates und der Neuzeit seit dem Westfälischen Frieden (Teil 3)

6Q H. Ztr. Das Mittelalter. Von 768 — 1517. 
das Grab Karls des Großen. Man fand den einbalsamir- 
ten Körper des Kaisers noch sitzend auf dem Stuhle, im 
kaiserlichen Schmucke, und nebe« ihm Scepter uñd Schild. 
Otto nahm ehrfurchtsvoll ein goldenes Kreuz von des Leich¬ 
nams Brust, um es auf der scinigen zu tragen und verschloß 
die Gruft. Hundert fünfzig Jahre spater, im Jahr 1165, 
öffnete Kaiser Friedrich >. dieselbe wiederum und ließ die 
Gebeine Karls des Großen in ein prächtiges Grabmahl 
legen. 
27. Ludwig der Fromme 814 — 840. 
Ludwig der Fromme, der übriggebliebene Sohn Karls 
des Großen, war dem Vater nicht gleich. Zwar war in 
ihm das edle Geschlecht, aus welchem er stammte, noch im¬ 
mer zu erkennen; er war ein stattlicher Mann und in allen 
Künsten, die den Ritter zierten, wohl geübt; allein sein 
Geist war nicht stark genug, um das große, zusammenge-' 
setzte Reich klug zu regieren. Er war zu nachgiebig, und 
fehlte besonders darin, daß er seinen drei ältesten Söhnen, 
Lothar, Pipin und Ludwig, sobald sie erwachsen wa¬ 
ren, einem jeden einen Theil des Reiches übergab und für 
sich nur die obere Aufsicht zurückbehielt. Er glaubte, als 
Vater sein Ansehen schon behaupten zu können. Allein den 
Söhnen gefiel das Herrschen gar zu wohl, und als nun 
der Vater noch einen Sohn, Karl, vo.n/eincr zweiten Ge¬ 
mahlin, Judith, bekam, und diesem auch ein Stück Land 
geben wollte, wollte keiner der andern Brüder von feinem 
Antheile irgend etwas abtreten. Daraus entstand Unwillen, 
zuletzt gar Krieg zwischen Vater und Söhnen; und es kam 
dahin, daß Ludwig von dem ältesten, Lothar, gefangen ge¬ 
nommen wurde. Dieser behandelte den alten Vater auf das 
Schmählichste: Er ninßte öffentlich in der Kirche zu Sois- 
sons Buße thun, und sich selbst darüber anklagen, daß er so 
schlecht regiert und gegen seine eigenen Söhne Krieg geführt 
habe; und der schwache Vater ließ sich das Alles gefallen. Lo¬ 
thar dachte ihn dadurch in den Augen der Franken ganz ver¬ 
ächtlich zu machen; aber er erregte mehr den Unwillen der 
Rechtlichgefinnten gegen sich selbst; und auch den zweiten 
Sohn Ludwig, welcher nachher ganz Deutschland geerbt und 
in der Geschichte den Namen Ludwig des Deutschen erhal¬ 
ten hat, verdroß die arge Mißhandlung seines Vaters; er 
zwang seinen Bruder Lothar, denselben wieder in Freiheit 
zu setzen. Allein die Uneinigkeit nahm doch sehr bald wie¬ 
der ihren Anfang, und Ludwig der Fromme ist in Kummer 
und Jammer auf einer Rhein-Insel in der Gegend von In¬ 
gelheim, nicht weit von Mainz, 840 gestorben.
	        
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