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Zuckungen eine Art tierisches Leben verrät, bald in Fäulnis übergeht und
auch noch durch ihren Geruch auf den Gedanken bringt, daß sie tierischer
Naülr sei. Bringt man weiter den rohen, gereinigten Schwamm in eine
Säure, z. B. Salzsäure, so entsteht ein starkes Aufbrausen von Kohlen¬
säure, und es wird viel Kalk aufgelöst, so daß der Schwamm beträchtlich
an Gewicht verliert; kohlensaurer Kalk war also gleichsam das Gerippe
desselben. Seine Form hat er behalten; aber er ist nun viel seiner und
weicher geworden, und seine Masse stellt wieder reines tierisches Gewebe
dar, das man recht wohl mit dem Stoffe vergleichen kann, aus welchem
Federn, Haare, Horn u. s. w. bestehen, und das beim Verbrennen einen
ähnlichen Geruch verbreitet, wie diese Körper. Neuerlich hat man ge¬
funden, daß in die unzähligen kleinen Kanälchen des Schwammes, welche
nach oben münden, Wasser eintritt und unten durch die größeren Löcher
wieder ausgestoßen wird. Ohne Zweifel giebt das Wasser im Innern
nährende Stoffe an den Schwamm ab. Da aber das Wasser diesen
Kreislauf nicht freiwillig machen kann, so muß der Schwamm die Fähig¬
keit haben, dasselbe nach Bedarf einzusaugen und wieder auszustoßen, eine
Thätigkeit, wie wir sie nur bei dem Tiere finden. Dagegen Pflanzt er
sich andererseits ganz in der Weise vieler Wasserpflanzen fort, welche
unsichtbar blühen, nämlich durch bewimperte, scheinbar lebende Sporen
(Samen). Diese Keime entwickeln sich im Innern der weiteren Höhlungen,
verlassen dieselben bei der Reife und heften sich, nachdem sie eine Zeit
lang herumgeschwärmt haben, an irgend einer Stelle des Grundes an, um
den Anfang eines neuen Schwammgewächses zu bilden.
Fast in allen Meeren trifft man Schwämme; aber ihre Güte ist nach den
verschiedenen Meeren verschieden. Die zartesten und weichsten sind die syri¬
schen, nach ihnen kommen die aus dem griechischen Archipel und der Berberei.
Die Schwammfischerei erfordert sehr viel Kühnheit, Ausdauer und
Körperkraft. Sie beginnt im Juni und endet im August oder September.
Um diese Zeit sieht man eine große Anzahl von Barken mit griechischen
Fischern sich nach Beirut, Tripolis, Latakia begeben. Je fünf bis sechs
Fischer arbeiten immer gemeinsam. Sie fahren früh morgens ziemlich
weit auf das Meer hinaus. Dies muß vollständig klar sein, so daß man
im stände ist, bis auf den Grund hinabzusehen. Sobald ein Felsenriff
entdeckt ist, an welchem man Schwämme vermuten kann, wird das Segel
eingezogen und der Anker herabgelassen. Der Taucher läßt sich sodann
mit Hilfe eines großen Steines, der an ein Seil gebunden ist, ins Meer
hinab, reißt den Schwamm los und steckt, ihn in ein Netz, welches vor
seiner Brust angebracht ist. Die feinsten Schwämme befinden sich in der
größten Tiefe und werden deshalb mit bedeutend mehr Mühe heraufgeholt,
als die groben, die oft nur wenige Meter tief zu erreichen sind. Die
Schwämme wachsen ziemlich schnell, so daß nach zwei Jahren die ge¬
plünderten Stellen wieder bewachsen sind.
Sobald die Schwämme an das Land gebracht sind, wirft man sie
in eine große, mit Wasser gefüllte Grube und tritt sie dann mit den
Füßen aus, damit der Schleim abgesondert und der schwarze Saft aus¬
gewaschen wird, der beim Treten aus der inneren, härteren Masse dringt.
Die auf diese Weise behandelten und getrockneten Schwämme enthalten
zwar noch eine große Menge Sand, der Fischer will denselben aber auch