Full text: Erzählungen aus der neuen Geschichte (Theil 2)

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einen rührenden Brief an die Königin von England und bat 
um Schutz und Hülfe. 
Elisabeth kam dadurch in die peinlichste Lage. Sie 
War von Marias Schuld überzeugt, hatte aber den Aufruhr 
des Adels gegen sie nicht gebilligt. Doch verkannte sie nickt 
die Gefahr, die ihr selbst von dem katholischen Eifer ihrer 
Nebenbuhlerin drohte, die ja ihre Ansprüche auf den engli- 
schen Thron nie aufgegeben hatte. Ihr Gefühl hieß sie der 
Unglücklichen beistehen, die Klugheit gebot, die hülflose Lage 
der Feindin zu benutzen,- außerdem aber stand Maria als 
eme Fürstin da, die durch schwere Anklagen vor der ganzen 
Welt gebrandmarkt war. Endlich kam man im Rate der 
englischen Königin zu dem Entschluß, Maria in England ge- 
fangen zu halten, bis ihr Streit mit ihren Unterthanen ge- 
schlichtet sein würde. Zur Schiedsrichterin dieses Streites er- 
bot sich Elisabeth und versprach Maria, wenn sie sich von 
der Beschuldigung, an dem Morde ihres Gemahls Anteil zu 
haben, reinigen könne, ihr zur Wiedereinsetzung behülflich zu 
sein. Maria ging auf diesen Antrag ein, und die Unter- 
suchungen, zu denen eine englische Behörde niedergesetzt war, 
begannen. Murray erschien, klagte die Königin der Teilnahme 
an Darnleps Morde an und bewies seine Anklage durch 
Briefe auf die genügenstde Weise. Aber Maria und ihre 
Verteidiger gingen auf keine Widerlegung der Anklage ein, 
sondern suchten vielmehr Winkelzüge zu machen, und auch die 
billigen Vergleichsvorschläge Elisabeths wies Maria zurück. 
Die Königin von England konnte, ohne ihre eigene Sicher¬ 
heit zu gefährden, die gefangene Maria nicht in Freiheit 
setzen, und so schmachtete denn diese eine lange Reihe von 
Jahren in englischen Gefängnissen. Die Bestrebungen der 
zahlreichen Katholiken Englands, die Gefangene zu befreien, 
gaben Veranlassung zu mehreren Verschwörungen und Mord- 
versuchen gegen Elisabeth, die jedoch alle zeitig entdeckt und 
unterdrückt wurden. Die Folge davon war, daß strengere 
Gesetze gegen die Katholiken gegeben wurden, die aber den 
Eifer derselben, die gefangene Königin zu befreien, nicht 
schwächten. Bereits achtzehn Jahre befand sich Maria in 
englischer Haft, als von neuem eine Verschwörung zur Er- 
mordung Elisabeths und zur Befreiung der schottischen Königin 
gestiftet ward, an deren Spitze ein junger Edelmann, namens
	        
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