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deten vorangetragen wurden. „Jetzt," schrieen einige, „kann
es uns an Brot nicht fehlen, wir bringen den Bäcker, die
Bäckerin und den kleinen Bäckerknecht!" Erst abends neun
Uhr langte der Zug in Paris an, wo die königliche Familie
das alte Schloß der Tuilerien noch in der Nacht bezog.
Von nun an hatte der König keinen Willen mehr, er
war ganz in den Händen der wütenden Revolutionsmänner,
welche den Pöbel auf ihrer Seite hatten. Der National-
Versammlung erging es nicht besser. In dieser bildeten sich
allmälig zwei Parteien: die Gemäßigten und die Männer
vom Berge, wie man die heftigsten Demokraten von den er-
höhten Sitzen, die sie im Versammlungssaale einnahmen, zu
nennen pflegte. In Paris entstanden zahlreiche Klubs (Ver-
eine) von Abgeordneten, worin man vorher beriet, was man
in der Nationalversammlung durchsetzen wollte. Dieses Bei-
spiel wurde allenthalben nachgeahmt, und bald wimmelte ganz
Frankreich von solchen Klubs. Die wütendsten Demokraten
waren die Jakobiner, die ihren Namen davon hatten, daß
sie sich in einem Jakobinerkloster versammelten. Die Güter
des Adels und der Geistlichkeit wurden eingezogen und ver-
kauft, und weil Mangel an barem Gelde war, ward Pa-
piergeld, Assignaten, ausgefertigt, die mit der Zeit so im
Werte sanken, daß ein ganzer Haufen von Papier kaum
einige Groschen galt. Die alte Einteilung des Landes in
Provinzen ward aufgehoben, und eine neue in 83 Depar¬
tements, die nach Bergen, Flüssen u. s. w. entworfen
war, an ihre Stelle gesetzt. Der König ward auf ein Jahr-
gehalt angewiesen, und der Erbadel abgeschafft, sowie alles,
was an einen Unterschied der Stände erinnern konnte. Sogar
die Anrede Monsieur (mein Herr) ward verbannt, und jeder
hieß fortan citoyen (Bürger).
Unter solchen Umwälzungen erschien der 14. Juli 1790,
der Jahrestag der Zerstörung der Bastille. Das Andenken
an diesen Anfangstag der französischen Revolution sollte durch
ein großes Bundesfest auf dem Marsfelde in Paris
feierlich begangen werden. Eine ungeheuere Menschenmenge
bedeckte die weite Ebene, die dem heftigen Regen zum Trotz
schon in aller Frühe ihre Plätze eingenommen hatte. Als
der Regen nachgelassen, erschienen die Mitglieder der National-
Versammlung und die Abgeordneten der Departements, später