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er der Vervollkommnung der Muttersprache alle Sorgfalt. Er
befahl den höheren Geistlichen, dafür zu sorgen, daß das Volk
das Vaterunser und das christliche Glaubensbekenntnis in der
Muttersprache auswendig lernte und daß nur in dieser ge-
predigt würde; er ließ ferner die altdeutschen Volks- und
Heldenlieder sammeln, welche jedoch später wieder verloren
gingen. Er machte selbst den Entwurf zu einer deutschen
Sprachlehre und führte für die Benennung der Monate deutsche
Namen ein, welche nachher von den lateinischen wieder ver-
drängt wurden.
Auch für Handel und Verkehr, für Anlegung prächtiger
Bauten, für Ackerbau und Landwirtschaft war der Kaiser
ungemein thätig. Um Handel und Verkehr zu erleichtern, hatte
er den Plan, durch einen Kanal die Altmühl und die Rednitz
und dadurch den Main mit dem Rhein, somit die Nordsee
mit dem schwarzen Meer zu verbinden. Allein die Unkunde
der Arbeiter, die UnVollkommenheit der Werkzeuge und an-
dauernde Regengüsse vereitelten das großartige Unternehmen.*)
Unter den Bauten, die er aufführen ließ, zeichnen sich, außer
den Wohn- und Wirtschaftsgebäuden seiner Güter, besonders
seine von italienischen Baumeistern ausgeführten Paläste (Pfal-
zen) zu Aachen, Ingelheim und Nymwegen aus; ferner jener
der heiligen Jungfrau geweihte Dom zu Aachen mit seinen aus
Rom und Ravenna herbeigeschafften Gemälden und Marmor-
säulen, der als Muster bewundernswürdiger Schönheit gerühmt
wird: weiter der Leuchtturm zu Boulogne, die 500 Schritte
lange hölzerne Rheinbrücke bei Mainz, an welcher zehn Jahre
hindurch gearbeitet wurde, die aber leider schon ein Jahr vor
Karls Tode abbrannte. Endlich verdient auch die Badeanstalt
zu Aachen Erwähnung, die er so einrichten ließ, daß in dem
warmen Wasserbehälter über hundert Personen, darunter seine
Söhne, Freunde, andere Große, ja sogar Leibwächter, mit
ihnen herumschwimmen konnten.
Um Ackerbau und Landwirtschaft zu fördern, ließ er
Dörfer bauen, Wälder ausrotten, Sümpfe austrocknen und
*) Erst über 1000 Jahre nachher war es dem König Ludwig I.
von Baiern vorbehalten, den kühnen Gedanken wieder aufzunehmen
und zu vollenden.
Stacke, Mittelalter- 6