208 Verfall der französischen Macht.
von Preußen und der Kursürst von Hannover (der zugleich König
von England war) gesellten sich zu den Feinden Schwedens. Ersterer
gewann vor allem Stettin. Auf die Kunde von diesen Unfällen,
brach Karl XII von Bender auf; in 4 Wochen durcheilte er, groß-
tenteils zu Pferde, von den Grenzen der Wallachei bis Pommern
1714 das halbe Europa. Am 22. November 1714 traf er in Stralsund
ein. Aber auch er konnte das Schicksal Schwedens nicht mehr
wenden. Der preußische König erschien mit seinen Verbündeten vor
Stralsund, setzte nach Rügen über und schlug Karl XII auf
dieser Insel. Nun konnte sich auch Stralsund nicht mehr halten.
Auf einem Schifferboote ließ sich Karl XII durch den gefrorenen
1715 Hafen durch eisen und entkam so glücklich nach Schweden (Decbr. 1715).
Die Stadt wurde von Preußen und Dänen besetzt. Schweden war
an dem Rande des Verderbens; nur Nachgiebigkeit gegen seinen ge-
fährlichsten Gegner, den Zaren, konnte dasselbe retten. Diese Bahn
betrat der gewandte Görz, Karls Minister. Man verständigte sich
darüber, daß Karl Estbland. Liefland. .Zngermannland an
Nußland abtreten, aber durch Norwegen, das damals zu Dänemark
gehörte, entschädigt werden sollte. Daher begannen jetzt die Angriffe
Karls auf Norwegen. Hier wurde er bei der Belagerung von Fried-
1718richshall erschossen (1718). Dieser plötzliche Tod des Königs
wurde vom schwedischen Adel zur Beschränkung der königlichen
Macht benutzt. Er übertrug die Krone an Ulrike Eleonore, die
jüngere Schwester Karls, welche in ihrer Macht vollständig von dem
Reichsrate abhängig wurde. Der Krieg wurde unglücklich weiter
geführt, so daß Schweden schließlich Bremen und Verden an Hart-
nover, Vorpommern bis zur Pente mit Stettin an Prcnncn
1721 und endlich im Frieden au Ntiftadt (1721') die Ostseeprovinzen
mit Ausnahme Finnlands an Rußland abtreten mußte.
Seitdem ist die Großmachtsstellung Schwedens, die es seit Gustav
Adolf behauptet, auf immer verloren. An seine Stelle tritt Ru߬
land und das frisch emporblühende Preußen. Da Schweden bis-
her immer ein Bundesgenosse Frankreichs gewesen war, so hatte
dieser Ausgang des Krieges aber auch eine weitere Verminderung des
französischen Ansehens zur Folge.
§ 7. Karl VI (1711—1740).
Nicht nur in Spanien erreichte das Habsburgische Herrscher-
haus im 18. Jahrhundert sein Ende, sondern auch in Ostreich.
Karl VI, der einst in Spanien um die Nachfolge gestritten, war der
letzte männliche Sproß dieses Hauses. Er hatte aber eine schöne,
geistreiche Tochter, Maria Theresia, welche mit dem Herzoge von
Lothringen Franz Stephan verheiratet war. Da nun in den
östreichischen Landen nicht überall das Nachfolgerecht in weiblicher
Linie galt, so war es die Hauptsorge Karls VI während seiner