Neuer Krieg gegen Napoleon. 267
schicken könne. Blücher ließ ihm antworten, nicht mit einem Corps,
sondern mit der ganzen Armee wollte er ihm Beistehen; und wirk¬
lich hatte der ritterliche Greis durch Heranziehung des Corps von
Bülow seine erschütterten Truppen wieder so gekräftigt, daß er den
dritten Tag nach einer verlornen Schlacht wieder an den Angriff
denken konnte. So nahm denn Wellington die Schlacht an, die
für das Schicksal Napoleons entscheidend werden sollte. In wohl
gesicherten Stellungen stand die englische Armee, 67000 M. stark;
Napoleon griff mit 72000 Mann an; doch war seine Artillerie um
100 Geschütze überlegen. Mit der größten Kaltblütigkeit hielten die
englisch-deutschen Bataillone die gut geleiteten, furchtbaren Anfälle
aus; aber ihre Reihen wurden immer dünner, ihr Widerstand immer
matter. Sehnsüchtig erwartete Wellington den Anzug der Preußen;
aber schon neigte sich der Tag zu Ende und die Hilfe schien noch
fern. Die Schlacht war verloren, wenn die Preußen nicht kamen. In
der That war Blücher, den Gronchy verfehlt hatte, mit seiner ganzen
Macht zur Hilfe aufgebrochen. Aber die Wege waren grundlos; mit der
äußersten Kraftanstrengung der Menschen und Pserde kam man nur
langsam vom Flecke. Blücher, trotz seines geschundenen Beines wieder
zu Pferde, war überall zugegen, wo der Zug stockte. „Vorwärts
Kinder", rief er den Soldaten zu, „es muß gehen, Ich habe dem
Wellington versprochen, rechtzeitig zu kommen. Wollt Ihr mich zu
einem Hundsfott machen, zu einem Diplomatiker?" Und das Un-
mögliche wurde möglich.
Noch hielten die Truppen Wellingtons Stand; da erschienen im
Osten die ersten Spitzen des Corps von Bülow. Napoleon glaubte
anfangs, das Corps Grouchys rücke zum Beistand heran; bald
belehrten ihn aber die einschlagenden preußischen Kugeln und der
Klang der preußischen Hörnet eines andern. Rasch entschlossen raffte
er den Kern seiner Truppen, seine Garde und Artillerie zu einem
letzten verzweifelten Ansturm zusammen. Aber auch die Truppen
Wellingtons wurden mit neuem Mut erfüllt: der furchtbare Anprall
scheiterte an ihren festen Reihen, und schon brachen auch die Preußen
in die offene Seite der Feinde. Da war kein Halten und kein Stehen
mehr, die alten Garden werden über den Haufen gerannt und zer=
trümmert; in einem wirren Knäuel wendet sich das ganze sranzösische
Heer zur Flucht. Bei dem Vorwerke Belle-Allianee begrüßten sich
Blücher und Wellington als Sieger. Der „-Riesenkamps" kostete an
Toten und Verwundeten dem englisch-deutschen Heere 20000, dem
preußischen 7 000, dem französischen 33000 M.
Die preußischen Truppen, die noch nicht vom Kampfe ermüdet
waren, wurden unter Gneisenaus Leitung zur rastlosen Verfolgung
„bis zum letzten Hauch von Roß und Mann" verwandt. So konnte
sich das geschlagene Heer auch nicht mehr sammeln. Napoleons Wagen,
sein Hut und Degen wurden erbeutet; er selbst entrann mit Mühe
der Gefangenschaft.