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Vierte Stufe.
Fünftes Semester.
II. 1648—1789. Vgl. 3. Stufe §. 19 bis 27, 2.
§. 50.
Allgemeines.
1. Vom Anfang der neueren Zeit bis zum Ende des
dreißigjährigen Krieges standen die religiösen Interessen überall,
im Völkerleben, in der Staatenverwaltung im Vordergrund.
Nun tritt an ihre Stelle Handel und Industrie, vornehmlich
der Seehandel. England und die Niederlande gewinnen
durch ihren industriellen Aufschwung, ihre wachsende Seemacht,
ihre ausblühenden und zunehmenden Colonieen eine erhöhte
Wichtigkeit. Spanien tritt sein Uebergewicht im europäischen
Staatensystem seit dem westphälischen Frieden an Frankreich
ab, das zumal in Deutschland zu vielseitiger, meist Verderb-
licher Bedeutung und Herrschaft gelangt.
2. Schweden, dem der große Gustav Adolf eine
vorübergehende Obmacht gegeben, sinkt durch Karl XII. und
nach ihm zu einer Macht zweiten Ranges herab. Dagegen
kommt Rußland obenauf, und seit der Mitte des 18. Jahr¬
hunderts erhebt sich Preußen zur ersten Macht im nördlichen
Deutschland und zu eiuer europäischen Großmacht. Die die
ganze Periode erfüllenden Kriege, welche, durch die mannig-
fachen, sich durchkreuzenden Interessen der Völker und der
Fürsten hervorgerufen, das politische Gleichgewicht in bedroh«
licher Weise stören, geben den stehenden Heeren für die Herr»
scher eine wachsende Bedeutung. Die unumschränkte Monarchie
gelangt bis zu Ende des 18. Jahrhunderts zur höchsten
Ausbildung. Das Volk verliert seinen Antheil an den allge¬
meinen Angelegenheiten, die nur von den Fürsten und ihren
Rüthen geleitet und bestimmt werden. Aber gegen den Aus-
gang des Jahrhunderts kündigt sich im geistigen Leben und
in den staatlichen Verhältnissen eine Aenderung des bestehenden
Systems an.