Full text: Das Mittelalter (Abth. 2)

Rudolf von Habsburg. §. 27. 89 
seines Oheims, des ersten steierischen Herzogs (Ottokar). Dessen jüngerer Sohn 
und zweiter Nachfolger, Leopold VI. (1198-1230), der bisherige Herzog von 
Steiermark, machte seinen Hof zum Sammelplatze der berühmtesten deutschen 
Minnesänger (Walther von der Vogelweide, Reinmar der Alte). Sem jüngster 
Sohn und Nachfolger, Friedrich der Streitbare (1230—1246), ward von 
Friedrich II gegen den er die Verschwörung seines Sohnes Heinrich begun- 
fflqt hatte, geächtet (1236), behauptete aber Oesterreich und Steiermark sowohl 
gegen den Kaiser als gegen die bis Wien (1241) vordringenden Mongolen. 
Bor diesen floh König Bela IV. von Ungarn nach Oesterreich und ward von 
Friedrich gezwungen, drei an Oesterreich grenzende ungarische Bezirke abzutreten. 
Als er diese zurückerobern wollte, kam es zn einer Schlacht an der Leitha; 
Friedrich gewann zwar den Sieg, fiel aber bei der Verfolgung der Feinde. 
Mit ihm erlosch der Mannesstamm der Babenberger. Nach einem 5jährigen 
Interregnum (1246—1251) nahm Ottokar II. von Böhmen mit Znstim- 
mung der Landstände zunächst Oesterreich in Besitz, heirathete die älteste Tochter 
Friedrichs des Streitbaren und gewann nach einem großen Siege über die 
Ungarn auf dem Marchselde (1260) die von diesen besetzte Steiermark. Er 
wurde von dem deutschen Könige Richard von Cornwallis mit Oesterreich und 
Steiermark belehnt und vereinigte mit diesen beiden Ländern auch noch Kärnten 
und Krain als Erbe des ihm verwandten Herzogs Ulrich (t 1269). Da er 
auch seinem Vater Wenzel in der Herrschaft über Böhmen und Mähren ge¬ 
folgt war (1253) und die windische Mark erwarb, erstreckte sich seine Herrschaft 
vom adriatischen Meere bis ans Riesengebirge. 
Weil nach dem Tode Richard's von Cornwallis der König 
Philipp IV. von Frankreich ernstliche Absichten auf die Herrschaft in 
Deutschland zu erkennen gab, einigten sich die Kurfürsten zur Wahl 
des Grafen Rudolf von Habsburg, nachdem dieser eine wesent- 
liche Beschränkung der königlichen Gewalt durch eine gewisse Mit- 
regierung der Kurfürsten zugestanden. Die mit dem Papste verab- 
redete Kaiserkrönung ward durch dessen baldigen Tod aufgeschoben 
und kam dann gar nicht zu Stande. Ueberhanpt zeigte Rudolf 
kein ernstliches Streben nach der Kaiserkrone und dem Besitze Ita- 
liens; denn er bezweckte weniger die Wiedergewinnung der hohen 
Weltstellung, welche namentlich die Hohenstausenschen Kaiser ihrer 
Nation verschafft hatten, als die Erwerbung einer ansehnlichen 
Hausmacht für sein Geschlecht. Daher forderte er gleich auf seinem 
ersten Reichstage alle seit der Absetzung Friedrichs II. dem Reiche 
heimgefallenen oder gewaltsam entzogenen Länder zurück. Diese 
Maßregel war hauptsächlich gegen König Ottokar II. von Böhmen 
gerichtet, welcher Oesterreich, Steiermark, Kärnten und Krain 
(s. oben) gewonnen hatte. 
Da Ottokar sich weigerte, Rudolf als König anzuerkennen und 
die in Besitz genommenen Reichslehen zurückzugeben, ward die Reichs- 
acht über ihn ausgesprochen und der Reichskrieg von zwei Seiten
	        
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