Full text: Hilfsbuch für den Geschichtsunterricht in der Untersekunda

Stein's Reformen. 
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freien Verkehr im In- und Auslande, Gewerbe- und Handelsfreiheit, 
also Abschaffung der Leibeigenschaft, der Zünfte, der Monopole n. s. w. 
Diesen Grundsätzen folgend suchte nun Stein in Preußen durch die 
Schaffung der Selbstverwaltung und Selbstthätigkeit auch die Selb- 
ftändigkeit und das Selbstvertrauen wieder zu erwecken. Daher wurde 
dem Adel das Übermaß seiner Rechte und Befugnisse genommen. 
Dem Bürgertum in den Städten gab die Städteordnung vom 
9. November 1807 die freie Wahl der städtischen Obrigkeiten und 
die Selbstverwaltung ihrer Gemeindeangelegenheiten, und so die not- 
wendige Vorbedingung zur Entfesselung des wirtschaftlichen Unter¬ 
nehmungsgeistes. Auch die Hanptbedingnng der Teilnahme des ganzen 
Volkes am Staatsleben, die Volksvertretung durch selbstgewählte 
Abgeordnete wurde von Stein geplant und 1810 wenigstens vom 
Könige in Aussicht gestellt, kam aber leider nicht zur Ausführung. 
Vor allen Dingen aber wurde nun das Werk vollendet, welches jähr- 
hundertelang die Hohenzollern verfolgt hatten, die Schaffung eines 
freien und lebenskräftigen Bauernstandes. Durch das Edikt, 
den erleichterten Besitz und den freien Gebrauch des 
Grundeigentums betreffend, vom 9. Oktober 1807, konnten 
uun Adlige ohne Beeinträchtigung ihres Standes bürgerliche Gewerbe 
betreiben, Bürger und Bauern nach Belieben ihren Stand vertauschen, 
bürgerliche, bäuerliche und adlige Grundstücke von jedem ohne Unter¬ 
schied des Standes erworben werden. Vom 1. Januar 1808 an 
wurde die Erbunterthänigkeit der Bauern auf den königlichen Domänen 
aufgehoben, vom Martinstage, dem 10. November 1810 ab, gab es 
im ganzen preußischen Staate nur noch freie Leute. Und 1811 
wurde durch die Ablösung der bäuerlichen Lasten gegen eine Ent¬ 
schädigung an den Grundherrn der freie und grundbesitzende Bauern- 
stand in seinem Besitze gesichert und festgestellt. Um aber den wirt¬ 
schaftlichen Kräften völlig freie Bahn zu schaffen, wurden alle Staats- 
tiürger gleichmäßig zu den Steuern herangezogen, Handels- und Ge¬ 
werbefreiheit gegeben. Auch eine einheitliche Staatsverwaltung 
wurde hergestellt, die Rechtspflege von der Verwaltung getrennt: 
fünf verantwortliche Fachminister (für das Innere, 'bie Finanzen, 
das Auswärtige, den Krieg und die Justiz) berieten von nun an den 
König. Mittelpunkt des Staatsorganismus sollte der Staatsrat 
sein, welcher aber nur zu einer ausschließlich beratenden Be¬ 
hörde eingerichtet wurde und erst 1817 in Thätigkeit trat. Der 
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