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Weniger Glück hatte der ritterliche Adolf, das „Gräflein"
aus Nassau. Am Donnersberg in der Pfalz fiel der Abgesetzte gegen
Rudolfs Sohn Albrecht; „heut ist ein tapferes Herz gestorben !" klagte
der Mainzer Erzbischof. Zehn Jahre später traf seinen Nachfolger,
jenen Albrecht I., das Mordmesser Johann Parricidas*. Auch
Heinrich VII. von Luxemburg, der Böhmen an sein Haus bringt,
muß allzu früh sterben; kaum hat Dante den neuen Kaiser auf
italischem Boden begrüßt, da berührt diesen der Tod in der Stadt
des schiefen Turmes: es war wenige Jahre nach dem Beginn der
„babylonischen Gefangenschaft" der Päpste in Avignon (1305—1377).
In Deutschland aber wiederholt sich das alte, häßliche Lied vom
Streite zweier Fürsten um die Krone: bei Mühldorf, 1322,
erliegt Ludwig dem Bayern sein Vetter und Gegenkönig
Friedrich, des ersten Habsburgers Enkelsohn, und des Gefangenen
Gattin Jsabella weint sich die Augen blind vor Leid. Wie die alte
Kinderfreundschaft der beiden Männer erwacht2: erinnert es nicht
lebhaft an Goethes „Götz von Berlichingen"? In Ludwigs Streit mit
dem Papste um die Reichsverwesung sendet der Kur- a OQO
verein vonRettse3 seine machtvolle Stimme: ein frei- aOOO
gewählter König soll unabhängig sein von päpstlicher Bestätigung.
Aber die Gier nach Brandenburg und Tirol bereitet Ludwig das Schick¬
sal der Absetzung: auf der Bärenjagd an der Isar holt ihn der Tod.
2. Die luxemburgischen Herrscher, 1346—1437. „Böhmens
Vater, des Reiches Erzstiefvater" hat man Karl IV. genannt. Als er
zu P r a g die erste Hochschule des Reiches schuf, 1348, ging der
Würgengel des „schwarzen Todes" durch Deutschland und Europa^:
nie ist eine schrecklichere Heimsuchung über die Menschen gekommen.
Aber das Leben der Staaten schreitet über die Toten hinweg: das
Grundgesetz der Goldenen Bulle5 ordnet „für ewige 1 QFxß
Zeiten" die Königswahl durch die sieben Kurfürsten und 1^)00
verleiht ihnen die Hoheit in ihren Kurlanden.
Karls Sohn, Wenzel, der Henker des standhaften Johannes
Nepomuk, ist träge und trunksüchtig; was kümmern ihn der schwäbische
Städtekrieg, die Sempacher Keulenschlacht (1386) oder gar das
Gegenkönigtum Ruprechts von der Pfalz? Sein Bruder Sigis¬
mund , der Schutzherr des Konzils von Konstanz (1414—1418),
ist der Letzte des Geschlechts. An dem Feuertode des H u s in
Konstanz entzünden sich die gräuelvollen Hussitenkrieges und fern
i Schiller. Wilhelm Tell. V. 2. — - Schiller, Deutsche Treue.
3 Anastasius Grün, Der Königsstuhl in Reuse.
4 Sing g, Der schwarze Tod.
5 Übersetzung aus bem Lateinischen in Heft 8 der „Quellenschriften",
Düsseldorf, Schwann, Mark 0.80.
6 Lenau, Johann Ziska, Ziskas Schwur.
Zurbonsen, Geschichte. Teil VII. 8