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Zufuhr angewiesen. So kam es, daß die korntragenden Pro¬
vinzen, namentlich Sizilien und Nordafrika, durch Getreide¬
lieferungen in unerhörter Weise ausgepreßt wurden. Aus diesen
Lieferungen emfingen zahllose Nichtstuer ihre regelmäßigen
Spenden. Wozu also arbeiten? Dazu waren die Sklaven da.
Und diese Ärmsten dienten auch noch zu anderem. Seit dem
zweiten punischen Kriege hatten sich in Rom die den Etruskern
entlehnten Spiele der Gladiatoren oder Fechter eingebürgert.
Untereinander oder mit wilden Tieren, die das Innere von Afrika
lieferte, stritten die Unglücklichen zur Schau des Volkes auf Leben
und Tod. Nichts trug mehr zur Verrohung des ganzen Römer-
tums bei als diese entsetzlichen, sich immer mehr häufenden Kämpfe.
Was sind gegen sie die Stiergefechte der Spanier!
4. Die Gracchen. In jener schlimmen Zeit lebte im Hause
ihrer vortrefflichen Mutter Kornelia, der Tochter des Siegers
von Zama, ein wackeres Brüderpaar, die Gracchen. Ihr
Schwager war der Zerstörer von Karthago. „An Feldherrnruhm",
mahnte sie die Mutter, „könnt ihr ihn zwar nicht erreichen, tut
es durch weise Gesetze, denn diese sind uns notwendig!“ Und sie
versuchten es zu tun, denn neue Gesetze waren wirklich vonnöten,
um den Staat zu retten.
Auf einer Reise in Italien hatte der ältere, Tiberius, einst
Horden von Sklaven auf dem Felde wirtschaften sehen; von
Bauernhütten aber war das Land ringsum leer. Das führte den
edlen Mann auf den Plan, dem kranken Staate wiederzugeben,
was ihm bitter fehlte, einen Bauernstand. Als Tribun brachte
er daher Gesetzanträge ein, wonach Teile des Staatsland es,
das die alten vornehmen Familen einfach in Besitz genommen
hatten, zu je 30 Morgen an Arme vergeben würden; auch Geräte,
Vieh und Saatkorn sollte der Staat aus seinen Mitteln ihnen
liefern. Aber der gefährdete Großgrundbesitz leistete den heftigsten
Widerstand.
„Die Reichen beriefen sich", berichtet AppiLn (2. Jahrh. n. Chr.), „auf
öa§ Alter der mit eigenen Kosten hergestellten Einrichtungen, Pflanzungen und
Bauten. Einige behaupteten, sie hätten ihren Nachbarn Geldersatz gegeben, ob sie
dann auch diesen mitsamt dem Lande verlieren sollten; andere, die Grabmäler
ihrer Väter seien auf den Gütern, oder sie seien ihnen bei der Teilung des väter¬
lichen Erbes als Erbanteil zugefallen; andere, die Mitgift ihrer Frauen sei in
die Bewirtschaftung gesteckt oder das Land sei den Kindern statt der Aussteuer
gegeben worden. Endlich brachten auch die Gläubiger die Schulden vor, die
darauf hasteten. So war überall nichts als Verwirrung, Klagen und Un¬
willen."
Und schließlich beschloß man des Gracchen Verderben. In
einer Volksversammlung kam es zu Tumulten; seine Gegner