— 74 —
9. Die Langobarden. Das oströmische Exarch Lt, d.h. Außen¬
herrschaft, in Italien hatte nur dreizehn Jahre (555—568) Bestand.
Während der Kaiserin härtern Kampfe mit den Persern lag, stiegen die
Langobarden unter ihrem Könige Alb o in (Alwin, Elfenfreund)
über die Alpenpässe in das Poland hinab. Sie kamen aus Un¬
garn; an der unteren Elbe, in der „langen Börde", d. H. Frucht¬
ebene, hatten sie einst ihre Heimat gehabt. Ihr Einbruch war
der letzte Zug der Völkerwanderung.
Von der festen Hauptstadt Pavla aus verbreiteten die Lango¬
barden ihre Herrschaft über Mittelitalien und einen Teil des
Südens, wo die Herzogtümer Spoleto und Benevent entstanden.
Eine christliche Königin, die bayrische Fürstentochter Theude-
linde (— Volksschlange), führte um 600 ihr Volk dem katho¬
lischen Christentums zu und stiftete zur Erinnerung die
noch erhaltene Eiserne Krone, mit der auch Napoleon sich
gekrönt hat. Nur zweihundert Jahre vermochte das Reich der
Langobarden sich zu behaupten; Kar! der Große machte ihm
ein Ende.
Noch lebt ihr Andenken fort in dem Namen der Lom¬
bardei, des Landes Lamparten der Sage, und an die Handels¬
rolle ihrer Städte im Mittelalter erinnert der kaufmännische
Ausdruck Lombardieren für Verpfänden oder Beleihen
von Waren.
10. Die niederdeutschen Völker. Viel weniger als die Ost-
germanen wurden die w e st germanischen Stämme in den Strudel
der großen Wanderung hineingezogen. Aus Jütland fuhren um
450 seekundige Angeln, deren Name noch an einem Landstrich
in Holstein haftet, und Sachsen über die Fluten der Nordsee
nach Britannien, um den Bewohnern gegen die wilden Skoten
des Nordens zu helfen. Die Brüder Hengist und Horfa (Hengst
und Roß) waren die sagenhaften Führer. Aber nun blieben sie
selber im Lande, und immer mehr Volksgenossen rückten ihnen
nach. In vergeblichem Kampfe stritten wider sie die keltischen
Eingeborenen; die Sage vom Könige Artus bewahrt davon die
Erinnerung.
Ein Teil der Britannier wanderte nach Gallien aus und gab
der Bretagne ihren Namen. Auf der Insel aber entstanden
sieben Staaten der Angelsachsen (Essex, Sussex, Wessex = Ost-,
Süd-, Westsachsen usw.), die im Anfange des neunten Jahrhunderts
zu dem Königreich England, d.h. Angelland, verschmolzen; in
der englischen Sprache aber klingen noch heute in der Hauptsache
die altsächsischen Laute wieder.