Full text: Die Neuzeit bis zur französischen Staatsumwälzung (Teil 5)

§ 11. Luthers Borleben. Martin Luther war geboren am 
10. November 1483 in dem Städtchen Eisleben in Sachsen. Nach 
dem Tagesheiligen seines Geburtstages erhielt er seinen Vornamen. 
Die Eltern, Hans Luther und Margarete, geb. Ziegler, Bauersleute 
aus dem nahen Dorfe Möhra, waren nach Eisleben gezogen, weil 
hier der Vater als Schieferhauer Beschäftigung fand; später wohnte 
die Familie in Mansfeld. 
Über seine Abstammung und Erziehung sagt Luther selbst: „Ich 
bin eines Bauern Sohn; mein Vater, Großvater und Ahnherr sind 
rechte Bauern gewest." 
„Mein Bater ist ein armer Häuer [Schiefethauer] gewest; die 
Mutter hat all ihr Holz auf dem Rücken eingetragen, damit sie uns 
Kinder erziehen könnte. Sie haben es sich lassen blutsauer werden." 
„Meine Eltern haben mich gar hart gehalten, daß ich darüber 
gar schüchtern wurde. Mein Vater stäupte [schlug] mich einmal so 
sehr, daß ich ihn floh und ward ihm gram, bis er mich wieder zu sich 
gewöhnte. Die Mutter stäupte mich einmal um einer geringen Nuß 
willen, daß das Blut danach floß." 
Auch in der Schule zu Mansfeld ging es streng her; „ich bin ein- 
mal", berichtet er weiter, „vormittags in der Schule fünfzehnmal 
nacheinander gestrichen [geschlagen] worden." 
Mit dreizehn Jahren kam Luther auf die Lateinschule nach 
Magdeburg, später nach Eisenach, wo ihn die wohlhabende Frau 
Ursula Cotta in ihr Haus aufnahm. Nach vierjähriger Vorbereitung 
bezog er die Hochschule in Erfurt, um nach dem Willen des Vaters 
die Rechtswissenschaft zu studieren. Aber bald wandte er seinen Sinn 
dem Klosterleben zu; „meiner Mutter ernst und gestreng Leben, das 
sie führt, das verursachte mich, daß ich in ein Kloster lief und ein 
Mönch wurde". Tief hatten auch zwei Vorkommnisse sein Gemüt 
erschüttert und von der Welt abgewandt; eines jähen Todes war ein 
Freund gestorben, Jund ihn selber hatte der Tod gestreift: bei einem 
Gewitter, das ihn auf freiem Feld überraschte, war ein Blitz neben 
ihm niedergefahren. 
Einundzwanzig Jahre alt, trat Luther in das Augustinerkloster 
zu Erfurt. Allein es fehlte ihm der Klosterberuf; er fand keine Zu- 
friedenheit. Auf Empfehlung seines Ordensobern S t a u p i tz 
berief ihn 1508 der Landesherr, Kurfürst Friedrich der Weise, an 
die neugegründete Hochschule seiner Hauptstadt Wittenberg. 
Hier wirkte Luther als Professor der Theologie. Im Jahre 1511 
führten ihn Angelegenheiten seines Ordens, die nicht näher bekannt 
sind, über die Alpen nach Rom. Nach seiner Rückkehr erwarb er 
sich die Würde eines „Doktors, d. h. Lehrers, der Heiligen Schrift",
	        
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