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Sitz in Berlin, das nun ständige Hauptstadt wurde. Als Freund
der Bildung betrieb er den Plan der Gründung einer Hochschule in
Frankfurt an der Oder und legte die erste Druckerei im Staate, zu
Stendal, an; als erster Druck ist der „Sachsenspiegel", das berühmte
Rechtsbuch des Mittelalters, daraus hervorgegangen.
Unter einem Grabmal, das von der Hand des berühmten
Nürnberger Erzgießers Peter Bischer geschaffen worden ist, ruht der
Kurfürst im Dome zu Berlin.
Die Hohenzollern in der Neuzeit bis 1640.
§ 92* Joachim l. Nestor. Im Alter von fünfzehn Jahren folgte 1499—1535
dem Vater Joachim I. Er war von gleicher Beredsamkeit wie
jener und erhielt nach dem wortkundigen Homerischen Helden seinen
Beinamen. Bei der Jugend des neuen Landesherrn griff der Adel
wieder zu dem früheren Raubgewerbe, und das Volk seufzte:
„Vor Köckeritz und Lüderitz
Und vor dem Kracht und Jtzenplitz
Behuf uns, lieber Herre Gott!"
Mit tatkräftiger Hand trat jedoch der junge Fürst den Land-
friedensbrechern entgegen, und es half ihnen nichts, daß ein Junker
an die Tür von Joachims Gemach die dreisten Worte schrieb:
„Jochimken, Jochimken, höde dy,
Wan tot) dy kriegen, hangen toy dy!"
Joachim machte es umgekehrt: er kriegte und hängte sie.
70 der vornehmen Raubgesellen ließ er zum Tode führen, und als
an seinem Hofe Tadel über diese blutige Strenge gegen den Adel
laut wurde, sagte er: „A d l i g Blut habe ich nicht vergossen, sondern
nur Räuber und Mörder nach Verdienst bestraft."
Zur Sicherung von Ordnung und Recht schuf Joachim nach dem
Muster des Reichskammergerichtes ein höchstes Gericht für alle
Stände: das noch bestehende Kammergericht in Berlin. Das
Fehdewesen hörte jetzt für immer auf. Für das Bürgertum erließ
er eine Städteordnung, und Handel und Verkehr wurden
durch Einführung von gleichem Maß und Gewicht gefördert.
Die von seinem Vater geplante Hochschule eröffnete
Joachim im Jahre 1506 zu Frankfurt an der Oder. Sie zählte im
ersten Jahre bereits 900 Studenten. Als die Reformation anfing,
hielt die Hochschule am katholischen Glauben fest, doch konnte sie sich
gegen Wittenberg nicht behaupten und geriet rasch in Verfall.
Der Kurfürst, dessen jüngerer Bruder der Erzbischos Albrecht
von Mainz und Magdeburg war, lehnte die Reformation entschieden
ab. Seine Gemahlin Elisabeth von Dänemark dagegen wandte sich