Full text: Die Neuzeit bis zur französischen Staatsumwälzung (Teil 5)

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früheren Erbverzichtes dreiste Ansprüche auf Teile der Pfalz. Lang- 
fam rückten die Truppen der vereinigten Reichsfürsten zur Ber- 
teidiguug heran. Da erging von Versailles aus an die französischen 
Generale der schreckliche Befehl: „Brüler le Palatinat!" Mit un¬ 
erhörter Grausamkeit wurde das furchtbare Werk getan. Hunderte 
von Städten, darunter Worms, Mannheim, Heidelberg, Speyer, 
über tausend Dörfer und Weiler sanken in Asche. Selbst die Obst- 
und Weinpflanzungen wurden nicht geschont; die Pfalz sollte eine 
Wüste werden. „Der König will's!" sagten die Mordbrenner. In 
Speyer, von wo das Reichskammergericht nach Wetzlar floh, durch- 
wühlten sie selbst die Gräber der alten Kaiser. Ein Zeugnis von 
den Schrecken jener Tage ist noch die Ruine des Heidelberger Schlosses, 
die berühmteste in deutschen Landen. 
Der Krieg, in dem auch England und die Niederlande gegen 
Ludwig in die Schranken traten, zog sich jahrelang ohne rechte Ent- 
scheidung am Rhein, in Oberitalien und in den Niederlanden hin. 
Ludwig bot endlich erschöpft die Hand zum Frieden. In R y s w y k 
[Retswetf], einem Dorfe beim Haag, kam diefer 1697 zustande; 
„Reiß weg!" sagte das Volk. Straßburg und die Reunionen blieben 
endgültig französisch. 
§ 12«. Der spanische Erbfolgekrieg, 1701—1713. Der letzte 
Habsburger in Spanien, der Schwager Ludwigs XIV. und des 
Kaisers Leopold, war kinderlos gestorben und hatte Ludwigs jüngeren 
Enkel Philipp zu seinem Erben bestimmt. „Pour la France, il n'y 
a plus des Pyrenöes!" triumphierte der „Sonnenkönig". 
Aber Kaiser Leopold erhob Erbansprüche für seinen zweiten 
Sohn Karl und zog außer Reichsständen, wie Preußen und Hannover, 
auch die Seemächte England, Holland und Dänemark auf seine Seite. 
Jetzt begann ein gewaltiger europäischer Krieg. Die größten 
Feldherren jener Zeit zogen gegen Frankreich das Schwert; auf 
kaiserlicher Seite stritt der Prinz Eugen von Savoyen, der „edle 
Ritter" des Volksliedes, der im Jahre des Ryswyker Friedens die 
Türken bei Zentha gewaltig aufs Haupt geschlagen hatte, und die 
Engländer führte der tapfere Herzog von Marlborough 
[Marlboro]. Beide erfochten im südlichen Deutschland, in Italien 
und den Niederlanden glänzende Siege. 
Und wie wacker taten die preußischen Truppen gegen die 
Franzosen mit! In allen Hauptschlachten stritten sie, meist unter 
dem tapferen Fürsten Leopold von Anhalt-Dessau, mit hohem 
Ruhm: bei H ö ch städt in Bayern bewunderte Eugen ihre „un¬ 
erschrockene Standhastigkeit", vor Turin warfen sie einen fran¬ 
zösischen Flügel über den Haufen, bei Malplaquet in Nord¬ 
frankreich fochten sie, so hieß es, „wie die Teufel".
	        
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