Full text: Prosalesebuch für Obertertia und Untersekunda der Vollanstalten oder Klasse II und I der Realschulen (Teil 5, [Schülerband])

desselben. Mil Leder ward der auf dem Wasser schwimmende ge¬ 
flochtene Kahn überzogen, mit Stiersehnen das Lederkleid zusammen¬ 
genäht, mit Riemen die Spitze am Pfeil und am Speer befestigt, 
das Zugtier vor dem Wagen angeschirrt und die Peitsche, die zum 
Antreiben diente, bewaffnet. Ein viel erlegtes, auch zur Nahrung 5 
dienendes Tier war der Biber, der durch ganz Europa die Seeen 
und Flüsse dicht bevölkerte. Zum Bogen diente besonders das Holz 
der Eibe, zum Schaft des Speeres das der Esche, auch des Holunders 
und Hartriegels, zum Schilde ein Geflecht aus Ruten der Weide; 
die Bäume des Urwaldes, von riesenhaftem Wachstum, wurden durch 10 
Feuer und mit der steinernen Art zu ungeheuren Booten ausgehöhlt. 
Auf dem Räderwagen, einer früherfundenen Maschine, die ganz aus 
Holz zusammengefügt war und an welcher Holzpflöcke die Stelle der 
spätern eisernen Nägel vertraten, ward die Habe der Wanderer, ihre 
Melkgefätze, Felle usw., mitgeführt. Die Wolle der Schafe ward 15 
ausgerupft und zu Filzdecken und Filztüchern zusammengestampft, be¬ 
sonders zum Schutze des Hauptes. Aus dem Bast der Bäume, be¬ 
sonders der Linde, und aus den Fasern der Stengel mancher Pflanzen, 
besonders der nesselartigen, flochten die Weiber Matten und gewebe- 
artige Zeuge und Jagd- und Fischernetze. Milch und Fleisch war 20 
die Nahrung, das Salz ein begehrtes Gewürz, das aber schwer zu 
erlangen war und dem am Meeresufer, in der Pflanzenasche usw. 
nachgegangen ward. 
Je weiter nach Süden, desto leichter ward es, das Vieh zu 
überwintern, das im höhern Norden während der rauhen Jahres- 2» 
zeit nur kümmerlich unter dem Schnee seine Nahrung fand und unter 
ungünstigen Umständen massenhaft zugrunde gehen mutzte — denn 
der Herde ein Obdach zu schaffen und getrocknetes Gras für den 
Winter aufzubewahren, sind Künste späteren Ursprungs, die sich erst 
im Gefolge des ausgebildeten Ackerbaus einfanden. Auch die Rasse 30 
der Haustiere war eine geringe, das Schwein z. B. das kleine soge¬ 
nannte Torfschwein, und stand von der späteren, durch Zucht ver¬ 
edelten, die wir jetzt vor Augen haben, noch weit ab. Zur Wohnung 
für den Menschen diente im Winter die unterirdische, künstlich ge¬ 
grabene Höhle, von oben mit einem Rasendach oder mit Mist bedeckt, 35 
im Sommer der Wagen selbst oder in der Waldgegend die leichte, 
aus Holz oder Flechtwerk errichtete zeltähnliche Hütte. 
Der Natur der Sache nach mutzte bei einem viehschlachtenden 
Volke die Kampfsitte blutig und die Strafe grausam sein; Wut und 
Rache, Raub und Beutegier bildeten die Antriebe, List und Hinterhalt u>
	        
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