104
Die neueste Zeit.
Während Rußlands Macht weder in das Mittelmeer eindrang nocfi
den Persischen Gols und den Indischen Ozean erreichte, gewann es im
„großen Orient" an ber Küste bes Stillen Ozeans einen eisfreien
?öalenr^abw^t0! (= "Beherrscherin bes Ostens"), nachbem es bereits
1858 stch bie Amurprovinz, 1860 bie Küstenprovinz von China hatte
abtreten lassen. 1875 tauschte es von Japan Sachalin gegen bie Kurilen
ein- X?94 ertoarB es Port Arthur am Golf von «ßetschili 1895 qinq
es an bie Verwirklichung bes ungeheuren Planes, ben äußersten Osten mit
Moskau Durch bie Sibirische Eisenbahn zu verbinbeu unb führte ihn im Laufe
eines Jahrzehnts aus. Da aber stieß es mit Japan zusammen (vgl. § 79).
2>te Balkanstaaten. Das Streben ber Donaufürstentümer nach Un¬
abhängigkeit von ber Pforte ist seit bem russisch-türkischen Kriege von Erfolg
gekrönt: 1881 würbe Rumänien, 1886 Serbien Königreich; 1885
riß Bulgarien bie Lanbfchaft Ostrumelien an sich, es würbe 1908
selbstänbiges Königreich. 1897 versuchte Griechenlanb Mazebonien zu be-
setzen, aber ferne Truppen würben geschlagen. 1908 brach eine Revolution
m ber Türke: aus, bte zur Einführung einer Verfassung unb zur Absetzung
bes Sultans Abbul Hamib führte.
§ 78. Außereuropäische Großmächte. Japan. Die Japaner gehören
der mongolischen Rasse an; sie sinb Bubbhisten.
Sie hatten bis ins 19. Jahrhnnbert eine ben mittelalterlichen Ver-
fassungen Europas ähnliche Lehnsverfassung, unb ihre Geschichte ist von
unaufhörlichen Kämpfen erfüllt, in beiien sich bie Fürsten, Daimio, ur¬
sprunglich Statthalter bes Kaisers, selbstänbig machten. Am Anfang des
17. Jahrhuuberts stellte ber Shoguu („ber bie Barbaren unteriüerfenbe
Generalissimus") bes Mikabo (Kaisers) Ruhe unb Frieben ans ben Inseln
her unb hatte seitbem bie Regiernngsgewalt in Hänben. Die Fremben
würben bis ins 19. Jahrhnnbert ferngehalten. Dann erzwangen die Ver-
einigten Staaten unb mehrere europäische Mächte Haubelsverträge unb bie
Eröffnung japanischer Häfen. Als man bie Macht ber Fremben erkannte,
gab ber letzte Shognn bem Mikabo 1867 bie Regierung freiwillig zurück.
Dieser verlegte ben Sitz ber Regierung nach Tokio, brach den Wiberstanb
ber Daimios unb grünbete eine einheitliche feste Staatsgewalt.
Von ba an wanbten sich die Japaner bem Stnbinm ber europäisch¬
amerikanischen Kultur zu, ein Beamtenstaat würbe geschaffen unb
1890 bas erste Parlament eröffnet. Mit staunenswerter Schnelligkeit
eigneten sich bie Japaner europäisches Wissen unb europäische Einrichtungen
an, sie schufen eine eigene Jnbustrie unb bilbeten ihr Heerwesen nach bentschem
Vorbild um. Das Ziel ihres Ehrgeizes würbe es, bie herrfchenbe Macht
in Ostasien zu werben. Dies erreichten sie burch bett Krieg gegen Chiua
1894 unb ben Krieg gegen Rnßlanb 1904/05.
1894 entrissen sie China bie Halbinsel Korea und nötigten es nach
raschen Siegen zum Frieben von Shimonoseki; China erkannte bie Unabhängig-
keit von Korea an unb trat bie Halbinsel Lian-tuug mit Port Arthur, For-
mosa unb bte Fischerinseln ab. Gegen btefen Frieben erhoben Rnßlanb,
Frankreich unb Deutschland Einspruch, unb Japan mußte Lian-tung an China