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Amerika.
Ausdehnung der weiten, wagerechten Flächen, sondern eben so sehr sind cs die
tropischen Rcgengiisse, welche durch die von ihnen gelieferte Wassermenge den süd-
amerikanischen Strömen Bedeutung verschaffen. Der fette Lehmboden, auf wel¬
chem die üppige Vegetation der Urwälder gedeiht, ist ein Absatzprodukt der Flüsse,
und diese würden ohne die tropischen Regen, welche der 80-Wind über den Con-
tinent ausschüttet, nicht bestehen können.
Der Magdalenenstrom entspringt im Winkel der beiden westlichen Ketten
der Cordilleren von Columbia, bildet im Oberläufe zahlreiche Stromschnellen,
durchfließt daun eine heiße, wohlbebaute Tiefebene und mündet mit einem zahl¬
reich verzweigten Delta in das Caribische Meer. Sein »passerreicher Nebenfluß
(l.), der Cauca, hat durch vulkanische Produkte angesäuertes Wasser und ist des¬
halb fischlos.
Der Maracaibo-See, das größte Süßwasserbecken Südamerikas, wird
von einer Anzahl kleiner Flüsse gespeist, welche den umgebenden Bergen entströmen
und in der Regenzeit die flachen Niederungen weithin überschwemmen. Durch
einen breiten und ziemlich tiefen Kanal steht der Sec mit dem Caribischen Meere
in Verbindung.
Der Orinoco ist ein gewaltiger, in spiralförmiger Windung dem Innern
des Hochlandes von Guyana entströmender Fluß, dessen Quellen jedoch bis heute
noch nicht genau bekannt sind. Sein erforschter Oberlauf zieht sich am Saume
des Berglaudes hin und hier sendet er einen Arm (den Casiquiarc) zum Rio Negro
aus, dessen weißliche Wasser starke Strömung besitzen. Weiterhin treten l. uner¬
meßliche Waldregionen an den Fluß, der mit gewaltigen Wasserfällen (von May-
pures und Atures) eine vorgeschobene Bergkette durchbricht und sich dann mehr und
mehr westwärts wendet. Bis zum Atlantischen Ocean scheidet nun der Strom die
undurchdringlichen Wälder Guyanas von den Grasfluren Venezuelas; klippen-
und strudelfrei wälzt er eine ungeheure Wassermasse (deren Spiegel zur Zeit des
periodischen Anschwellend 10 m steigt) dem Oceane entgegen und bildet ein großes,
»nooriges und regelmäßigen Ueberschwemmungen ausgesetztes Delta.
Der Amazonen ström, der König der Ströme, umfaßt ein Flußgebiet,
das Europa an Größe vergleichbar ist. An Länge (770 Meilen) mögen ihm Nil und
Missouri-Mississippi gleichkommen, an Wasserfülle dagegen erreicht ihn kein anderer
Strom der Erde. Wie ein Meer gießt er seine unergründet tiefen Fluthen in
den Ocean und der Schiffer erkennt beim Einlaufen nur ein sichtbares Ufer, das
andere ist 10 Meilen entfernt und liegt unter dem Horizonte. Selbst wo der
Strom sich eingefaßt zeigt, fluthet eine solche Wassermasse daher, daß man sich
auf einem rastlos rennenden Landsee zu befinden glaubt und Segelschiffe nur unter
günstigen Verhältnissen die Strömung überwinden können. Kriegsdampfer ver¬
mögen den Riesenstrom 600 Meilen weit aufwärts zu befahren.
„Wo der mächtige Strom starke Biegungen macht, oder wo er sich mehrfach unt
seine Inseln vertheilt, erkennt man allerdings seinen Charakter als Strom; man sicht
ihn um die ferne Waldecke, um eine blaue Gebirgshöhe Herumbiegen, längs der meilen¬
weit aus einander liegenden Ufereinfassungen sich hinwälzen, und dann wieder im
fernen Osten um einen HUgelzug herumbrausend gleichsam verschwinden. Zwischen