Ludwig der Bavet. Karl IV. von Böhmen. §§ 221—223. 155
suchte. In den stärksten Ausdrücken sprach Clemens (1346) den Fluch über
ihn aus, erließ die Aufforderung zu einer Neuwahl und setzte es durch,
daß die Mehrzahl der Kurfürsten an seiner Stelle den ihm willfährigen
Lützelburger Karl (IV.), den Sohn Johanns von Böhmen, wählte; es
geschah dies zu Rense, an derselben Stelle, wo erst acht Jahre vorher der
Kurverein seinen rühmlichen Beschluß gefaßt hatte. Den Neugewählten
beschützte auch der französische König, während sich Ludwig in Deutschland
besonders auf die von ihm stets begünstigten Städte stützte. Der Kampf
war noch unentschieden, als Ludwig der Bayer 1347 auf einer Bärenjagd
plötzlich vom Schlage getroffen starb. — Kaiser Ludwig verdient das
ungemeffene Lob nicht, das ihm von manchen Seiten gezollt worden ist,
denn seine Familie stand ihm höher als das Reich, aber vergessen sollte
man bei seiner Beurteilung doch auch nicht, daß ihm und seinem Kampfe
gegen Johann XXII. das Reich die Tage von Rense und Frankfurt zu
danken hat.
6. Karl IV. von Köhmen (Lützeltmrg). 1346—1378.
§ 222. Karl IV., der Enkel Heinrichs VlI. aus dem lützelburgifch-
böhmischen Hause, hatte seine Wahl durch große Versprechungen und
Geldgeschenke von den Kurfürsten erkauft, hatte dem Papste, freilich in viel-
gewundenen, nicht recht klaren Worten, gelobt, weder die Bestimmungen
des Kurvereins von Rense (§ 220), noch die früheren Ansprüche der Kaiser
auf Italien geltend zu machen, und nahm nun ebensowenig Anstand,
auch den Städten allerlei zu verheißen, um sie für sich zu gewinnen.
Dennoch fehlte ihm, dem „Pfaffenkönig", lange Zeit die allgemeine Aner-
kennung. Vor allem wirkte ihm das wittelsbachisch-bayrische Haus
entgegen, an dessen Spitze nun Kaiser Ludwigs Sohn, Ludwig von Branden-
bürg, stand. Als jetzt Karl den Markgrafen Ludwig mit Hilfe der Feinde
Brandenburgs bedrängte und einen plötzlich auftretenden Pilger, der sich
für den letzten Askanier Waldemar ausgab (den falschen Waldemar),
als Markgrafen von Brandenburg anerkannte, da stellten die Wittelsbacher
in dem Grafen Günther von Schwarzburg, einem geraden, ritterlichen
Manne, einen Gegenkönig gegen Karl IV. auf. Ein neuer Bürgerkrieg
sollte nun, so schien es, Deutschland verwüsten, und das in einer Zeit, wo
schon schweres Unheil das unglückliche Land heimsuchte. Eine furchtbare
Pest nämlich, der Schwarze Tod genannt, ging durch die Länder Europas
und wütete auch in den deutschen Gebieten. — Da Karl IV. von den
bedeutenderen Reichsstädten noch immer nicht anerkannt wurde, war alles
voll Streit und Parteiung. Aber Karl gelangte durch Unterhandlungen
weiter als durchs Schwert. Er vertrug sich mit Ludwig von Branden-
bürg, gab den falschen Waldemar, den er bisher unterstützt hatte, auf,
und Günther, von seinem Anhange verlassen, ohnehin dem Tode sich nahe
fühlend, verzichtete gegen 22 000 Mark Silber auf seine Kronansprüche.
Wenige Wochen darauf starb er (1349) *). Dann gewann Karl IV. auch
die Städte für sich, indem er ihnen ebenfalls große Rechte zugestand.
§ 223. Karl war also nun Alleinherrscher. Kalt, überlegend,
fein und schlau bei Unterhandlungen, gelehrt und geistreich, war er
gleich fern von dem edlen Sinne seines Großvaters (§ 215) wie von dem
*) Seine angebliche Vergiftung ist wie vieles derartige ins Reich der Fabeln zu
verweisen.