Friesen und Dithmarschen. § 320. 225
bie noch im Lande waren, setzten sie mit den Bauern zu gleichem Recht und
duldeten Vögte des Bremer Erzbischoss nur, wenn sie aus ihrer eigenen
Mitte genommen waren. Doch entbrannten auch hier Kämpfe mit den
sürstlichen Nachbarn. Graf Gerhard der Große von Holstein überzog mit
den Herzögen von Mecklenburg und anderen fürstlichen Herren 1319 ihr
Land Schon umlagerten, wie die wohl ausgeschmückte Uberlieferung berichtet,
die Angreifer die geschreckten Dithmarschen in der Kirche von Olden-
Wörden, schon legten sie Feuer an das Gebäude, schon baten die Dtth-
inarschen um Gnade — aber als diese unmenschlich versagt, das Feuer nur
höher geschürt ward und schon das Blei von dem Dache auf die Verzwei¬
felnden troff, da überlegten sie, daß, muffe man einmal sterben, es besser sei,
den Feind mit in den Tod zu reißen, brachen wild hervor auf das unvor-
sichtige, schon zur Plünderung zerstreute Adelsheer und gelangten aus Todes-
not zu blutigem Siege und endlich (1323) zu ehrenvollem Frieden. ^ Fast
hundert Jahre später (1404) erschlugen sie den von einem nach ihrem Lande
unternommenen Plünderungszuge heimkehrenden Herzog Gerhard von
Schleswig an der Süder-Hamme, einem der wenigen Zugänge zu Dith-
Marschen, die sich zwischen Morast und Sumpf öffnen. Seitdem Schleswig-
Holstein den Dänenkönig Christian I. zum Herrscher gewählt hatte, wuchs die
. Gefahr für die Dithmarschen. Kaiser Friedrich III., auch hier deutsche Freiheit,
deutsches Recht preisgebend, belehnte Christian I. mit dem Lande „Dyetmarn"
(1473) als „einem herrenlosen, seine Freiheit mißbrauchenden Land". Zwar
widerrief der Kaiser später, als ihm sein Vorteil anders riet, die Belehnung
(die Dithmarschen hatten sie nie anerkannt), und Christian I. starb, ohne das
Land in Besitz genommen zu haben; seine Söhne aber, Iohann, König von
Dänemark, Schweden und Norwegen und Herzog von Schleswig-Holstein, und
Friedrich, Mitherzog von Schleswig-Holstein, unternahmen 1500 einen neuen
Eroberungszug gegen Dithmarschen. Zu ihrem starken Heere hatten ste
noch die sogenannte große Garde, eine jener Söldnerbanden, wie sie
damals häufig waren, fürchterlich durch ihre Greuel wie durch ihre Kriegs-
kunst, in Dienst genommen. Viele Ritter und Edelleute zogen mit; in
herrlichem Waffenschmuck, mit üppigster Pracht, gleich jenem Karl von
Burgund, rückten die Herren bei starkem Frost wie zu leichtem Spiel in
das Land ein. Sie nahmen Meldorf, den wichtigsten Ort, metzelten die
zurückgebliebenen Wehrlosen nieder und wollten von da über Hemming-
stedt auf Heide ziehen (1500), die Garde voran mit dem Rufe: „Wahr
di, Buer, de Garde, de kumt!" — Unterdessen war Tauwetter eingetreten,
und die Dithmarschen hatten vor Hemmingstedt beim „Dusenddüwels-
raars", wo die Marsch am tiefsten und nur auf einem aufgeweichten, an
beiden Seiten mit Gräben versehenen Fahrwege zugänglich war, quer über
den Weg eine Schanze gezogen, hinter der etwa 1000 tapfere Männer
lagen. Vor diesem unerwarteten Hemmnis stockte der langsame, von Wagen
und Reitern begleitete Zug; die Dithmarschen lösten ihre Geschütze in den
dichten Knäuel und brachen dann hervor, von keinem Harnisch beschwert
und mit ihren langen Springstöcken leicht über die Gräben setzend. Bald,
je mehr das Dänenheer sich in dem grundlosen Boden wie festgepflanzt
sah, kam (rate's bei Granson und Murten ergangen roar) Entsetzen und
Grauen über sie; die Dithmarschen aber wüteten wie einst die Krieger des
Arminius unter den verhaßten Drängern; Weiber und Jungfrauen kämpften
mit und feuerten an. „Wahr di, Garde, de Buer, de kumt!" hieß es nun;
die Meldorfer zogen die Schleusen, daß die Fluten, vom Nordwestwind ge-