Full text: Geschichte des deutschen Volkes

Der dreißigjährige Krieg, c) Der schwedische Krieg. Gustav Adolf. §§ 401 402. 269 
8 401. Aber bald nahte Gustav Adolf, überschritt bei Tangermünde die 
Elbe und bezog ein festes Lager bei Werben an der Elbe nahe der Havel- 
mündunq. Tilly, der eben damals einen erfolgreichen Versuch gemacht hatte den 
Landgrafen von Hessen wegen seiner Verhandlungen mtt den Schweden zu 
züchtigen, bestürmte nun vergeblich die feste Stellung des Königsim Werben. 
Der Unbesiegbare" mußte zurück. Die Furcht vor ihm schwant), und de~> 
& eSS?taust* von Tag zu Tag helle-. Roch in Werben kam d« 
Landgraf Wilhelm V. von Hessen-Kassel zu thrn, stch mit ihm 8«tver- 
bünden, der, ein nicht minder entschlossener Fürst, als ferne edlen Vorfahren 
es gewesen waren*), sein protestantisches SSolf Qeöcn 
die Waffen gerufen hatte. Ein anderer, Herzog Bernhard von Weimar ), 
ein Urenkel jenes geächteten und seines Landes beraubten■ Än W: 
rich (§ 365), war ihm schon zuvorgekommen. Und wahrend Gustav Adolf 
nun die Mecklenburger Herzöge, freilich unter seiner Hoheit, wieder ein- 
setzte, entschied sich auch die Stellung Sachsens. Tilly ruckte, um den Kur¬ 
fürsten von Sachsen vom Leipziger Konvent abzuziehen, m dessen Land 
lw Seine schrecklichen Scharen setzten den Kurfürsten m Verzweiflung. 
Nun flehte er den Schwedenkönig an, er möge kommen, ihn zu retten. 
Gustav Adolf war bereits über die Grenze zurückgegangen, zog aber sogleich 
nach Sachsen und vereinigte sich bei Düben mit den Truppen des 
Kurfürsten. Tilly hatte eben Leipzig genommen und erwartete nord> ich 
von dieser Stadt bei Breitenfeld den Gegner. Hier griff ^hn Gustav 
Adolf am 17. September 1631 an, und Tilly, der Sieger m 86 Schlachten, 
mußte ihm Ruhm und Sieg lassen. Die schweren, unbehüslichen Schlachtvierecke 
der Ligisten wurden von den leicht beweglichen Reihen der Schweden ^Gustav 
Adolf hatte Füsiliere unter seine Reiter und unter seine Pikentrager gemischt 
— und ihren leichter zu transportierenden Geschützen auseinandergesprengt. 
S 402. Nun stand kein Feind mehr dem Könige gegenüber. Der Sieg 
führte zum völligen Anschluß der meisten^protestantischen Fürsten -Deutsch and 
lag offen vor ihm. Er rückte zunächst schnell und ohne Hindernisse durch 
Thüringen an den Main, diesen hinab auf der „Pfaffenstraße durch 
Franken auf Frankfurt und Mainz zum Rhein. Als er hier ferne 
Winterquartiere nahm, stand er auf der Höhe des Sieges, ^n den geistlichen 
Gebieten hatte er sich überall huldigen lassen; er gedachte ohne Zweifel sie 
zu säkularisieren. Auch verschob er es noch, die Psalz an Friedrich V-, 0^ 
sich bei ihm einstellte, zurückzugeben. Vielleicht erhob sich letzt m semer Seele 
der große Gedanke eines protestantischen Kaisertums und einer innigen Ver- 
schmelzung der beiden stamm- und glaubensverwandten Lander Schweden 
und Deutschland. Er dachte in jener Zeit an eine Verlobung seiner em- 
ziqen Tochter Christina mit dem einzigen Sohne des brandenburgischen 
Kurfürsten, Friedrich Wilhelm, dem nachmaligen Großen Kurfürsten. Doch 
waren diese großen und glänzenden Pläne, wenn sie wirklich gefaßt worden 
find***), schwer zu verwirklichen. Auch würden sie kaum erner von beiden 
*) In Hessen-Kassel hatten nach Philipps des Großmütigen (§378) Tode 
treffliche Fürsten (Wilhelm I. der Weife 1567—lo92, Moritz I. 1627)i regtert, 
die nicht bloß für Schule und Kirche, fondern auch für eine volkstumliche Wehrkraft ge¬ 
sorgt Hattert; btefe bewies ftch jetzt besonders wirksam. 
***) Der^Wahrheit^näher^kommt wohl, was Oxenstierna (§ 405) später als Gustav 
Adolfs Plan bezeichnet hat, nämlich die Schöpfung einesfkandinavifchenReiche^ 
aus Schweden, Norwegen, Dänemark und den polnischen und deutschen Küstenländern 
der Oftfee.
	        
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