Full text: Geschichte des deutschen Volkes

422 Deutsche Siege. §§ 661—662. 
war auch der Feind überrascht, und bei schneller Entschlossenheit hätte Schwar- 
zenberg vielleicht Dresden nehmen können, noch ehe Napoleon von seinem 
erfolglosen Vorgehen gegen Blücher zurück war. Aber man ließ ihm zögernd 
Zeit, herbeizukommen und alle seine Streitkräfte in Dresden zu vereinen. 
Am 2(3. August erfolgte, immer noch mit überlegenen Truppen, der An- 
griff der Verbündeten, wurde jedoch blutig abgewiesen. Am folgenden 
Tage schlug dann Napoleon den linken Flügel der Feinde vollständig 
und drängte den rechten von der Hauptstraße bei Pirna ab. Inzwischen war 
Vandamme mit einem starken Korps beim Königstein über die Elbe gegangen 
und schien die Hauptstraße nach Böhmen besetzen zu wollen. So sahen sich 
die Verbündeten zu einem äußerst schwierigen Rückzüge genötigt und mußten 
auf schlechten Nebenwegen entweder jene Hauptstraße (von Pirna nach Tep- 
litz) zu gewinnen suchen oder geradeswegs den unwegsamen Gebirgsrücken über- 
schreiten. Die Schlacht hatte, verglichen mit den Gefechten bei Großbeeren, 
Hagelberg und an der Katzbach, eine gewaltige Ausdehnung gehabt, und 
nun war sie, die Hauptschlacht, verloren worden! Den einzigen Trost 
brachten die jetzt eben eintreffenden Nachrichten von jenen Siegen. Doch drohte 
die Gefahr völliger Vernichtung für die böhmische Armee, wenn Napoleon sie 
mit gewohnter Schnelligkeit verfolgte. War es doch zweifelhaft, ob nicht 
der Rückweg für den größten Teil des Heeres bereits abgeschnitten sei. 
§ 662. Zum Glück unterblieb diese rasche Verfolgung. Vielleicht drückte 
den französischen Kaiser körperliches Unwohlsein, vielleicht lähmte hier die 
Nachricht von den Niederlagen der Marschälle den Mut ebenso, wie sie 
ihn bei den Verbündeten wieder hob. Er selbst kehrte von Pirna nach 
Dresden zuruck, und zwei bereits zur Verfolgung auf der Hauptstraße be- 
orderte Armeekorps erhielten den Befehl zur Umkehr. Nur das dritte und 
vorderste unter Vandamme blieb im Vorrücken, ohne zu wissen, daß keine 
Unterstützung folge. So stieß Vandamme, schon im Herabsteigen von den 
Höhen begriffen, bei Kulm (am 29. August) auf die russischen Generale 
Ostermann und Prinz Eugen von Württemberg. Es kam alles 
darauf an, daß diese den Ausgang des Passes behaupteten, denn die Haupt- 
armee war auf ihrem Rückzüge noch tief in den Gebirgen. Dem Könige 
Friedrich Wilhelm III. gebührt der Ruhm, mit aller Macht zur Verteidigung 
ermuntert zu haben; 15000 Russen hielten hier den ganzen Tag den Kampf 
gegen einen doppelt so starken Feind aus; die Tapferkeit der russischen Gar- 
den unter Ostermann, dem in diesem Gefecht der linke Arm durch eine 
Kanonenkugel weggerissen ward, sowie die Geschicklichkeit und Besonnenheit 
Eugens von Württemberg ermöglichten die erfolgreiche Verteidigung, bis 
allmählich die Unterstützungen herannahten, die Kaiser Alexander aufs 
Schlachtfeld gesandt hatte, namentlich die österreichischen Divisionen 
Eolloredo und Bianchi. — Am folgenden Tage aber (30. August) griff 
Vandamme wieder an, im Glauben, nun würden die erwarteten französischen 
Korps ihm folgen; er ahnte nicht, daß er jetzt einen doppelt so starken 
Feind vor sich hatte. Und nun erschien auch in seinem Rücken unerwartet 
ein preußisches Korps. General Kleist, der mit seinen Truppen bisher 
noch zurückgewesen, war schon am 29. August vom König angewiesen worden, 
in das Teplitzer Tal zu eilen. Da alle Wege dorthin verfahren waren, so 
warf er sich mit großer Kühnheit auf die Hauptstraße und marschierte nach 
Nollendorf in den Rücken Vandammes, war aber nun der Meinung, er 
müsse sich durch das feindliche Korps durchschlagen. Indessen kam ihm 
das schon von Kulm her entgegen, wo es an diesem zweiten Tage ent-
	        
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