42 Die späteren ZNerovinger. §§ 51—52.
vermählt mit einer Nichte Theoderichs des Großen, einer Frau aus dem
Arnalerstarnrn, hatte, von dieser gereizt, seine beiden Brüder verdrängt und
erschlagen. Schon an diesen Vorgängen hatten Franken teilgenommen; jetzt
klagten diese über Vertragsbruch und über alte, noch ungerächte Grausam-
feiten der Thüringer: Greise seien unter Lastwagen gelegt und ihyen so die
Glieder zermalmt worden, Knaben seien an den Flechsen der Seite an
Bäumen aufgehängt worden. So war der Charakter auch der unvermischt
gebliebenen deutschen Stämme entartet! — Deshalb machten sich von
Chlodovechs Söhnen Theoderich und Chlothachar zum Kriege wider Hermin-
srid auf. Herminsrid zog sich nach der ersten Niederlage zurück, aber die
Franken verzweifelten dennoch am Siege, bis sich die Sachsen ihnen zur
Hilfe erboten. Beiden Völkern gelang es nun, das thüringische Königreich
zu stürzen (531). Dessen letzte Feste, Burg-Scheidungen, ward erobert; Hermin-
frid ergab sich dem Theoderich und wurde bald, als er arglos mit diesem auf
den Mauern von Zülpich wandelte, meuchelmörderisch in die Tiefe gestürzt.
So berichtet uns Gregor von Tours*); reicher ausgeschmückt, offenbar
nach sächsischen Heldenliedern, erzählt die Geschichte Widukind von Korvei
(ct. d. Weser), ein sächsischer Chronist aus dem 10. Jahrhundert, der aus-
sührlich zu melden weiß, wie Herminsrid den Franken und Sachsen erlag,
dann durch seinen eigenen Getreuen Jring den Tod fand und von diesem
an dem verräterischen Frankenkönige gerächt ward. Herminsrid und Jring
lebten im deutschen Volksgesange fort und treten noch in dem Nibelungen¬
liede auf, wo sie durch Hagens und Volkers Schwert gefällt werden. — Die
Sachsen erhielten für ihre Unterstützung Nordthüringen zwischen Unstrut
uud Elbe; die Franken nahmen für sich den südlichen Teil, das Gebiet um
den Main, auf das auch ihr Name überging: nur in dem mittleren Teil
hat sich Name und Volkstum der Thüringer bis heute erhalten; doch be-
anspruchten die Franken damals auch hier die Oberhoheit.
§ 52. Burgund blieb frei, solange Gundobad lebte (f 516). Ihm
folgte sein Sohn Sigmund, der das Kloster St. Moritz in Wallis, wo die
heilige Lanze aufbewahrt ward, gegründet hat und von der Kirche als
Heiliger verehrt wird. Er war mit einer Tochter Theoderichs des Großen
vermählt. Als sie früh starb, nahm er eine ihrer Dienerinnen zum Weibe,
und als diese im Schmucke ihrer Herrin bäuerisch einherstolzierte, ward sie
von dem jungen Sigerich, dem Sohne der Verstorbenen, verhöhnt. Sie
bewog nun den Vater, den eigenen Sohn im Schlafe zu erdrosseln. Durch
diese Tat forderte Sigmund nicht nur die Blutrache der Ostgoten, die bisher
Burgund geschützt hatten, heraus, sondern machte sich auch wehrlos gegen den
Angriff der Franken. Die Söhne der Chrotechildis, Chlodomer, Childebert
und Chlothachar, griffen ihn an (523) und besiegten ihn, und Chlodomer
ließ ihn, seine Gemahlin und seine Kinder in einen Brunnen werfen; er
selbst aber fiel bald nachher im Kampfe gegen den Rest der Burgunden
unter God omar, Sigmunds Bruder. Childebert und Chlothachar teilten nun
sein Land, obwohl er zwei Knaben hinterlassen hatte, die unter dem Schutze
der Chrotechildis geblieben waren. Die Oheime ließen beide nach Paris kommen
und sandten dann der alten Mutter ein Schwert und eine Schere, um so
anzufragen, ob die Söhne getötet oder geschoren und in ein Kloster geschickt
werden sollten. „Eher mögen sie sterben", rief Chrotechildis, und in dem
Burghofe zu Paris schlachtete sie der blutige Chlothachar mit eigener Hand
*) Er erzählt freilich nichts von einer Teilnahme der Sachsen.